Trumps Friedens-Show: Ein gefährliches Theater für die Ukraine

Illustration: KI-generiert

In den polierten Hallen des Weißen Hauses schien für einen kurzen Moment alles möglich. Lächelnde Gesichter, wohlwollende Worte, sogar der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im Anzug statt im vertrauten Olivgrün – ein Bild der Einigkeit, sorgfältig für die Weltöffentlichkeit inszeniert. Doch hinter der Fassade dieser diplomatischen Choreografie verbirgt sich eine beunruhigende Wahrheit: Präsident Donald Trumps Friedensmission für die Ukraine gleicht mehr einem Spektakel, das auf den Applaus des Moments zielt, als dem mühsamen Bau an einem stabilen Fundament für die Zukunft. Seine Diplomatie ist ein Rausch der Inszenierung, eine Abfolge von Treffen, die den Prozess über die Substanz erheben. Die eigentliche Gefahr liegt jedoch tiefer. Trumps Weltbild, das er kurz darauf in einem Interview offenlegte, entpuppt sich als ein Echo aus dem Kreml – eines, das nicht nur die Realität des Krieges verzerrt, sondern droht, die europäische Sicherheitsordnung auf dem Altar eines eigennützigen Deals zu opfern.

Die Kunst der leeren Bühne: Prozess statt Prinzipien

Wer verstehen will, wie Donald Trump Außenpolitik betreibt, muss ihn als Regisseur begreifen, nicht primär als Staatsmann. Für ihn scheint der Weg zum Frieden eine Abfolge von dramaturgisch perfekten Akten zu sein: Zuerst das Treffen mit Wladimir Putin in Alaska, dann der Gipfel mit Selenskyj in Washington und als großes Finale ein trilaterales Treffen, bei dem der Dealmaker Trump den gordischen Knoten durchschlägt. Diese Fixierung auf die Abfolge, auf das „Wer trifft wen wann?“, ist kein Zufall, sondern System. Es ist die Logik eines Transaktionskünstlers, für den der Abschluss selbst, der Akt des „Deals“, die eigentliche Währung ist – der Inhalt wird zur Nebensache.

US Politik Deep Dive: Der Podcast mit Alana & Ben

Genau hier klafft der Abgrund zwischen ihm und seinen europäischen Partnern. Während die Europäer und Selenskyj über das quälende „Was“ und „Wie“ verhandeln wollen – über die zähen Details von Sicherheitsgarantien, die einem NATO-Beistandspakt ähneln könnten, oder die Notwendigkeit eines echten Waffenstillstands –, schwebt Trump in der Sphäre der reinen Möglichkeit. Seine Zusicherungen bleiben vage, seine Haltung zu einem sofortigen Stopp der Kampfhandlungen ist aufgeweicht. Es ist eine diplomatische Leerstelle, die fatale Folgen haben kann. Denn was nützt der prunkvollste Gipfel, wenn er am Ende nur dazu dient, einem Kriegsverbrecher wie Putin eine Bühne und damit internationale Anerkennung zu schenken, ohne ihm echte Konzessionen abzuringen?

Dieses Muster ist nicht neu. Es erinnert auf unheilvolle Weise an Trumps Vorgehen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un. Auch damals gab es Pomp, historische Handschläge und eine bizarre Brieffreundschaft, doch greifbare Ergebnisse bei der atomaren Abrüstung blieben aus. Die Inszenierung ersetzte die Politik. In der Ukraine-Frage ist der Einsatz jedoch ungleich höher. Hier geht es nicht nur um ein isoliertes Regime, sondern um die Stabilität eines ganzen Kontinents.

Ein Echo aus Moskau: Wenn der Präsident die Täter-Opfer-Rolle umkehrt

Wenn die diplomatische Bühne verlassen wird und die Kameras eines freundlich gesinnten Senders wie Fox & Friends laufen, fällt die Maske endgültig. In einem seiner typischen, frei assoziierenden Monologe offenbarte Trump ein Verständnis des Ukraine-Krieges, das selbst altgediente Kreml-Apologeten in Verlegenheit bringen könnte. Der Krieg, so Trump, habe wegen der Krim und der NATO begonnen. Barack Obama habe die Halbinsel Putin quasi kampflos überlassen, ein „großartiger Deal“ für den russischen Präsidenten. Er sprach davon, dass Russland zu Recht keinen westlichen „Feind“ an seiner Grenze wolle – und bezeichnete damit erstmals als amtierender US-Präsident die NATO mit den Worten Moskaus.

Was hier wie eine bloße rhetorische Entgleisung wirken mag, ist in Wahrheit der Kern seines Denkens. Trump scheint die grundlegende Prämisse des Konflikts nicht zu verstehen oder bewusst zu ignorieren: die eines brutalen, unprovozierten Angriffskrieges. Stattdessen bedient er Narrative, die selbst der Kreml inzwischen weitgehend fallengelassen hat. Putin rechtfertigt seine Invasion längst nicht mehr primär mit der NATO-Erweiterung, sondern mit der imperialen Behauptung, die Ukraine sei organisch ein Teil Russlands und habe kein Existenzrecht als souveräne Nation.

Trumps Aussagen gehen jedoch noch weiter und gipfeln in einer perfiden Täter-Opfer-Umkehr. Er tadelte die Ukraine dafür, sich mit einer Nation anzulegen, die „zehnmal so groß“ sei. Damit suggeriert er, nicht der russische Angriff sei das Problem, sondern der ukrainische Widerstand. In dieser Logik wird die Existenz der Ukraine selbst zur Provokation, ihr Überlebenswille zur Ursache des Leidens. Wenn er davon spricht, die Ukrainer würden „eine Menge Land“ zurückbekommen, klingt es, als sollten sie dankbar für die Brosamen sein, die er und Putin von ihrem Tisch fallen lassen – und nicht so, als ginge es um die Wiederherstellung völkerrechtlich garantierter Grenzen. Eine solche Haltung untergräbt nicht nur die Moral der Verteidiger, sie zersetzt auch die Fundamente des internationalen Rechts, das Aggression bestrafen und nicht belohnen soll.

Ein Frieden zu Putins Bedingungen? Die Risiken des transaktionalen Vorgehens

Die größte Gefahr von Trumps Ansatz liegt in seiner Blindheit für die Motive der Gegenseite. Er geht wie selbstverständlich davon aus, dass jeder Akteur – wie er selbst – an einem „Deal“ interessiert ist. Doch was, wenn Putin gar keinen schnellen Frieden will? Was, wenn die Fortsetzung des Krieges für ihn ein Mittel ist, den Westen zu zermürben und die Ukraine ausbluten zu lassen? Indem Trump ihm ohne Vorbedingungen eine Bühne bietet, spielt er ihm direkt in die Hände. Ein Treffen auf Augenhöhe mit dem US-Präsidenten ist für Putin ein unschätzbarer Propagandasieg, der seine autoritäre Herrschaft im Inneren stärkt und Russland als unverzichtbare Weltmacht inszeniert.

Ein trilaterales Treffen, wie es Trump vorschwebt, könnte nur dann zu einem stabilen Frieden führen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen: ein klarer Wille Moskaus zu echten Kompromissen, unmissverständliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine und ein Konsens mit den europäischen Verbündeten. Nichts davon ist derzeit in Sicht. Stattdessen droht ein Szenario, in dem der Druck, einen persönlichen Erfolg zu erzielen, Trump dazu verleitet, einen faulen Kompromiss auf Kosten der Ukraine zu schließen. Für Selenskyj wäre ein solcher Deal, der massive Gebietsverluste zementiert, innenpolitisch und patriotisch inakzeptabel.

Letztlich offenbart die Diskrepanz zwischen Trumps triumphaler Selbstinszenierung und der inhaltlichen Leere seiner Politik eine tiefe Krise der amerikanischen Glaubwürdigkeit. Wenn der Anführer der westlichen Welt zwischen der kumpelhaften Nähe zu einem angeklagten Kriegsverbrecher und der jovialen Herablassung gegenüber dem Opfer schwankt, sendet das ein verheerendes Signal an Verbündete und Gegner gleichermaßen. Es suggeriert, dass Prinzipien verhandelbar und Bündnisse nur so lange etwas wert sind, wie sie einem persönlichen Triumph nicht im Wege stehen. Der von Trump beschworene „Frieden“ könnte sich so als eine bloße Pause im Konflikt erweisen – ein instabiles Arrangement, erkauft durch die Aufgabe von Werten und die Belohnung von roher Gewalt. Es wäre kein Frieden, sondern eine Kapitulation auf Raten.

Nach oben scrollen