Trump gegen Powell: Ein gefährlicher Machtkampf um die Unabhängigkeit der Fed

Der Konflikt zwischen Donald Trump und dem Vorsitzenden der US-Notenbank, Jerome Powell, ist mehr als nur ein politisches Scharmützel. Er ist ein Symptom für eine tiefgreifende Auseinandersetzung um die Unabhängigkeit der Federal Reserve und birgt erhebliche Risiken für die wirtschaftliche Stabilität der USA und der Welt. Trumps wiederholte Angriffe und Forderungen nach Zinssenkungen, gepaart mit seiner aggressiven Handelspolitik, stellen die Fed vor ein Dilemma und nähren Zweifel an der Standhaftigkeit einer Institution, deren Autonomie als Grundpfeiler des Finanzsystems gilt.

Trumps Feldzug: Zinssenkungen um jeden Preis?

Schon während seiner ersten Amtszeit übte Trump massiven Druck auf Powell aus, die Zinsen zu senken, da er die Geldpolitik als zu restriktiv für sein wirtschaftspolitisches Programm empfand. Zwar senkte die Fed 2019 die Zinsen dreimal, dies geschah jedoch nicht aufgrund von Trumps Forderungen, sondern als präventive Maßnahme gegen die drohenden wirtschaftlichen Verwerfungen seines Handelskriegs mit China. Damals war die Inflation kein Thema, was der Fed entsprechenden Spielraum gab.

Heute, zurück im Weißen Haus, wiederholt Trump seine Angriffe und fordert erneut niedrigere Zinsen. Er bezeichnete Powell als „major loser“ und forderte dessen baldige „termination“. Die wirtschaftlichen Umstände sind jedoch grundlegend anders: Die Inflation erweist sich als hartnäckig und lag im Februar noch bei 2,8 Prozent, deutlich über dem 2-Prozent-Ziel der Fed. Trumps Argumentation für Zinssenkungen ignoriert diese Realität und scheint primär politisch motiviert, um kurzfristiges Wachstum zu stimulieren, möglicherweise auch, um von den negativen Folgen seiner eigenen Politik abzulenken.

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Powells Balanceakt: Zwischen Mandat und politischem Sturm

Jerome Powell reagiert auf die Angriffe mit betont sachlichen Argumenten und dem Verweis auf das Mandat und die Unabhängigkeit der Fed. Er betont, die Fed werde ihre Entscheidungen ausschließlich auf Basis ökonomischer Daten treffen, frei von politischer Einflussnahme. Angesichts der durch Trumps Zölle angeheizten Inflationsgefahr und der gleichzeitig drohenden Wachstumsverlangsamung sieht sich die Fed jedoch in einem „herausfordernden Szenario“. Die Zölle wirken wie ein „stagflationärer Schock“, der die beiden Hauptziele der Fed – Preisstabilität und maximale Beschäftigung – in Konflikt bringt. Powell spricht von einem „schwierigen Urteil“ („difficult judgment“), das die Fed fällen müsse, sollte dieser Zielkonflikt eintreten. Aktuell signalisiert die Fed Geduld und eine hohe Hürde für Zinssenkungen, solange die Inflation nicht nachhaltig sinkt und der robuste Arbeitsmarkt keine deutlichen Risse zeigt. Einige Ökonomen warnen sogar, die Fed müsse sich auf Zinserhöhungen vorbereiten, sollte die Inflation durch die Zölle stark ansteigen.

Rechtliche Fallstricke und die Erosion der Unabhängigkeit

Trumps Drohungen, Powell zu entlassen, werfen auch rechtliche Fragen auf. Der Federal Reserve Act erlaubt die Absetzung von Fed-Gouverneuren nur „aus wichtigem Grund“ („for cause“), was üblicherweise als schweres Fehlverhalten interpretiert wird, nicht aber als Meinungsverschiedenheit über die Geldpolitik. Gestützt wird dies durch den Präzedenzfall Humphrey’s Executor aus den 1930er Jahren. Trumps Justizministerium versucht jedoch offenbar, diesen Standard im Rahmen eines breiteren juristischen Kampfes um die Entlassungsbefugnisse des Präsidenten gegenüber Leitern unabhängiger Behörden zu kippen. Powell selbst zeigte sich zuversichtlich, dass laufende Fälle vor dem Supreme Court nicht auf die Fed angewendet würden, und auch einige konservative Richter signalisierten in der Vergangenheit eine mögliche Sonderstellung der Fed. Dennoch bleibt eine Restunsicherheit, zumal Trump bereits per Executive Order versucht hat, die regulatorischen Kompetenzen der Fed zu beschneiden. Auch wenn eine Entlassung Powells rechtlich fragwürdig und politisch riskant erscheint, könnten allein die anhaltenden Angriffe und die Infragestellung der Unabhängigkeit langfristigen Schaden anrichten.

Nervöse Märkte und mahnende Berater

Die Finanzmärkte reagieren äußerst sensibel auf den Konflikt. Trumps Attacken auf Powell und die Unsicherheit über die Zollpolitik führten wiederholt zu erheblicher Volatilität bei Aktien, Anleihen und dem US-Dollar. Zeitweise kam es zu dem ungewöhnlichen Phänomen, dass sowohl Aktien als auch Anleihen und der Dollar gleichzeitig fielen – ein Zeichen tiefer Verunsicherung und der Furcht vor einem Verlust des Status der USA als sicherer Hafen. Diese Marktreaktionen scheinen Trump zeitweise zu beeindrucken. Berichten zufolge haben ihn seine Berater, darunter Finanzminister Scott Bessent und Handelsminister Howard Lutnick, wiederholt vor den finanziellen Folgen einer Eskalation gewarnt und zur Mäßigung gedrängt. Bessent betonte öffentlich die Bedeutung der Unabhängigkeit der Fed als „Juwel“, das bewahrt werden müsse. Trump selbst äußerte privat die Sorge vor einem Finanzcrash historischen Ausmaßes („1929“). Nach heftigen Marktturbulenzen ruderte Trump rhetorisch zurück und erklärte, er habe „keine Absicht“, Powell zu feuern. Doch die grundsätzliche Spannung bleibt bestehen.

Die Unabhängigkeit der Zentralbank ist kein Selbstzweck. Sie ermöglicht es der Fed, auch unpopuläre, aber ökonomisch notwendige Entscheidungen zu treffen, um langfristige Preisstabilität und damit eine solide Basis für nachhaltiges Wachstum und einen robusten Arbeitsmarkt zu gewährleisten. Die Geschichte, insbesondere die Inflationsjahre unter Nixon, liefert mahnende Beispiele dafür, was passiert, wenn politischer Opportunismus die Geldpolitik diktiert. Trumps fortgesetzter Angriff auf diese Unabhängigkeit ist ein Spiel mit dem Feuer, das die Glaubwürdigkeit der Fed untergräbt und die wirtschaftliche Zukunft der USA gefährdet.

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