
Am 14. Juni 2025 gibt es in den USA zwei Bilder, die auf den ersten Blick nicht zusammenpassen, aber doch eng miteinander verbunden sind. In der Hauptstadt Washington D.C. fahren Panzer und Tausende Soldatinnen und Soldaten für eine riesige Militär-Parade auf. Gleichzeitig stehen an der Westküste, in der Metropole Los Angeles, Soldatinnen und Soldaten der National-Garde und der Marine-Infanterie auf den Straßen. Ihre Aufgabe dort ist es, Proteste gegen die Regierung zu kontrollieren.
Diese beiden Ereignisse sind kein Zufall. Sie sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Sie zeigen, wie Präsident Donald Trump eine neue Form der Staatsmacht inszeniert. Er bricht dabei bewusst mit amerikanischen Traditionen. Er zieht das Militär, das eigentlich ein Symbol für die Einheit des ganzen Landes sein sollte, tief in die Gräben eines erbitterten politischen Kultur-Kampfes hinein.
Die Ereignisse legen einen fundamentalen Streit über die amerikanische Seele offen. Es geht dabei um die Definition von Patriotismus, um die Grenzen der Macht des Präsidenten und um die Rolle der Armee in einer tief gespaltenen Gesellschaft. Die Parade in Washington ist dabei keine neutrale Feier. Sie ist eine gezielte politische Botschaft. Sie ist die Kulisse, vor der ein Präsident seine Vision von Stärke und harter Autorität feiert. Gleichzeitig zeigen die Ereignisse in Kalifornien die reale Konsequenz dieser Politik: die Anwendung von militärischer Macht gegen die eigene Bevölkerung.
Ein Fest für den Präsidenten, nicht für das Land
Offiziell soll die große Parade in der Hauptstadt die Streitkräfte ehren. Der Anlass ist das 250. Jubiläum der U.S. Army. Unterstützer der Parade sagen, es sei absolut richtig und gerechtfertigt, die „beste Armee der Welt“ zu feiern. Das Weiße Haus betont, dass die Koinzidenz mit dem 79. Geburtstag von Präsident Trump am selben Tag reiner Zufall sei.
Doch für Kritikerinnen und Kritiker ist genau diese Verknüpfung das Kernproblem. Sie sehen in der Veranstaltung weniger eine Ehrung für die Truppe, sondern vielmehr ein „Eitelkeitsprojekt“ für den Präsidenten. Progressive Gruppen, die landesweite Proteste gegen die Parade organisieren, nennen sie eine „für das Fernsehen gemachte Macht-Demonstration zu seinem Geburtstag“. Sie sind der Meinung, dass Trump versucht, sich selbst mit dem amerikanischen Staat gleichzusetzen und das Militär für seine persönliche Glorifizierung und Vereinnahmung zu nutzen.
Diese Deutung wird durch die riesige Dimension und die hohen Kosten der Veranstaltung untermauert. Die Parade kostet schätzungsweise 45 bis 50 Millionen Dollar. Kritiker finden diese Summe untragbar, besonders weil gleichzeitig bei der Gesundheits-Versorgung für ehemalige Soldatinnen und Soldaten gespart wird. Der Eindruck, dass es hier primär um die Erfüllung eines persönlichen Wunsches des Präsidenten geht, wird dadurch verstärkt, dass Trump sich schon seit Jahren eine solche Parade wünscht. Er war im Jahr 2017 von der Militär-Parade zum französischen National-Feiertag in Paris sehr beeindruckt und wollte diese übertreffen.
Ein Bruch mit amerikanischen Traditionen
Großangelegte Militär-Paraden sind in der Geschichte der Vereinigten Staaten sehr selten. Sie bleiben besonderen Anlässen vorbehalten. Es gab sie zum Beispiel nach dem Bürgerkrieg, um die Wiederherstellung der Einheit der Nation zu feiern. Oder es gab sie als Sieges-Paraden nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg sowie nach dem ersten Golfkrieg im Jahr 1991.
Entscheidend ist jedoch: Es waren fast immer Paraden, die einen Krieg beendet oder einen klaren Sieg gefeiert haben. Nach Kriegen, die das Land gesellschaftlich tief gespalten haben, wie zum Beispiel der Vietnamkrieg, hat man bewusst auf solche Demonstrationen der militärischen Stärke verzichtet, um die tiefen Wunden in der Gesellschaft nicht weiter aufzureißen. Trumps Parade bricht mit dieser Logik. Sie findet in Friedens-Zeiten statt und ist nicht an einen militärischen Sieg geknüpft. Das macht sie im historischen Kontext der USA zu einer deutlichen Anomalie.
Experten vergleichen die Parade auch mit Aufmärschen in anderen Ländern. In Demokratien wie Frankreich dienen Paraden meistens der Erinnerung an wichtige historische Ereignisse. In autoritären Staaten wie Nordkorea oder China dienen sie aber oft der Einschüchterung der eigenen Bevölkerung und vor allem dem Personenkult um den jeweiligen Herrscher. Kritiker sagen, Trumps Parade, bei der er die Truppen von einer Tribüne abnehmen wird, ähnelt in ihrer Symbolik gefährlich den Paraden in autoritären Staaten. Es entsteht der Eindruck, dass hier vor allem der Oberbefehlshaber selbst gefeiert werden soll.
Zwei Fronten: Wie die Krise in Los Angeles die Parade überschattet
Die wahre politische Sprengkraft bekommt die feierliche Parade in Washington aber erst durch die Ereignisse, die sich zur gleichen Zeit 4000 Kilometer entfernt abspielen. In Los Angeles hat Präsident Trump Tausende Soldaten der National-Garde und sogar aktive Marine-Infanteristen mobilisiert. Sie sollen gegen Proteste vorgehen, die sich gegen seine harte Einwanderungs-Politik richten. Dieser Einsatz geschieht gegen den erklärten Willen des Gouverneurs von Kalifornien, Gavin Newsom, und der Stadtregierung von Los Angeles.
Juristen und Politiker streiten nun darüber, ob dieser Einsatz überhaupt legal ist. Normalerweise verbietet ein altes amerikanisches Gesetz, der „Posse Comitatus Act“, den Einsatz von Soldaten als Polizei im Inland. Die Regierung von Trump beruft sich aber auf andere Gesetze wie den selten genutzten „Insurrection Act“, der dem Präsidenten in Ausnahmesituationen wie einem „Aufstand“ weitreichende Befugnisse zur Wiederherstellung der Ordnung gibt.
Dieser reale Einsatz von militärischer Gewalt gegen amerikanische Bürgerinnen und Bürger wirft einen düsteren Schatten auf die Parade in der Hauptstadt. Was in Washington als symbolische Macht-Demonstration inszeniert wird, ist in Los Angeles bereits gelebte Realität. Kritiker nennen diese Verschränkung „ominös“ und brandgefährlich. Sie fürchten eine nachhaltige Beschädigung des Vertrauens in das Militär. Das Militär wird dann nicht mehr als Beschützer der gesamten Nation wahrgenommen, sondern als ein innen-politisches Werkzeug des Präsidenten.
Die Rhetorik von Präsident Trump heizt die Lage zusätzlich an. Er macht keinen Unterschied zwischen friedlichen Demonstranten und Gewalttätern. Er bezeichnet Protestierende pauschal als „Leute, die unser Land hassen“ oder als „Tiere“ und droht ihnen unverhohlen mit Gewalt.
Das Ergebnis dieser Entwicklung ist eine giftige Mischung, die selbst in konservativen Kreisen und innerhalb des Militärs für tiefes Unbehagen sorgt. Veteranen-Gruppen lehnen es ab, als „Requisiten“ für eine politisierte Veranstaltung missbraucht zu werden. Die Parade und die Truppen-Entsendung sind also keine getrennten Phänomene mehr. Sie verschmelzen zu einer einzigen, unmissverständlichen Botschaft: Der Präsident ist bereit, die volle Macht des Staates, einschließlich seiner Streitkräfte, zur Durchsetzung seiner politischen Agenda und zur Unterdrückung von Widerspruch einzusetzen. Das ist kein normaler politischer Streit mehr. Es ist, so die Analyse vieler Beobachter, ein grundlegender Konflikt über die Spielregeln der amerikanischen Demokratie.
Info aus ‚Politik Leicht Gemacht‘: Dieser Beitrag ist in Einfacher Sprache verfasst. Das bedeutet: Kürzere Sätze und einfache Wörter helfen beim Verstehen. Den ausführlichen Original-Artikel in Standard-Sprache finden Sie hier: https://letterkasten.de/parade-der-spaltung-wie-trump-das-militaer-fuer-seinen-kulturkampf-instrumentalisiert/