
Nur Stunden vor Ablauf der Frist zur Finanzierung der US-Regierung steuert Washington auf eine Zerreißprobe zu, nachdem die Demokraten im Senat angekündigt haben, den vom Repräsentantenhaus verabschiedeten Übergangshaushalt abzulehnen. Dieser Schritt verschärft die ohnehin angespannte politische Lage und birgt die Gefahr eines sogenannten Government Shutdowns, der Hunderttausende Bundesbedienstete in die Zwangspause schicken und wichtige staatliche Dienstleistungen lahmlegen könnte. Die Weigerung der Demokraten, dem von Präsident Donald Trump maßgeblich beeinflussten Gesetzentwurf zuzustimmen, markiert eine neue Eskalationsstufe im parteiischen Ringen um die Haushaltskontrolle und wirft ein grelles Licht auf die tiefgreifenden ideologischen Gräben, die das amerikanische politische System gegenwärtig durchziehen.
Die Initiative für den Übergangshaushalt ging von den Republikanern im Repräsentantenhaus aus, die sich nach internen Querelen und dem massiven Druck von Präsident Trump überraschend geschlossen hinter den Entwurf stellten. Mit knapper Mehrheit passierte das Gesetz die Kammer, wobei lediglich ein Republikaner die Zustimmung verweigerte und ein einzelner Demokrat sich auf die Seite der Konservativen schlug. Dieser ungewöhnliche Schulterschluss der Republikaner wurde in weiten Teilen als direkter Erfolg Trumps gewertet, der in den vergangenen Tagen intensiv auf die Abgeordneten seiner Partei eingewirkt hatte, um eine Blamage in letzter Minute abzuwenden.
Doch der vermeintliche Sieg der Republikaner im Repräsentantenhaus könnte sich im Senat als Pyrrhussieg erweisen. Der Fraktionsvorsitzende der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, signalisierte unmissverständlich, dass seine Partei nicht bereit ist, die notwendigen Stimmen zur Überwindung des Filibusters und zur Verabschiedung des Gesetzentwurfs bereitzustellen. Schumer brachte stattdessen einen eigenen Vorschlag für eine kurzfristige Finanzierung bis zum 11. April ins Spiel, um so Zeit für Verhandlungen über ein parteiübergreifendes Haushaltsgesetz zu gewinnen. Die Demokraten argumentieren, dass der republikanische Entwurf dem Weißen Haus und insbesondere dem von Trumps Berater Elon Musk geführten „Department of Government Efficiency“ (DOGE) zu viel unkontrollierte Macht über die Bundesausgaben einräume und eine weitere Aushöhlung staatlicher Programme riskiere.
Demokratisches Patt zwischen Prinzip und Pragmatismus
Die Ablehnung des republikanischen Übergangshaushalts stellt die Demokraten im Senat vor eine Zerreißprobe. Einerseits sehen sie sich dem immensen Druck ihrer progressiven Basis und zahlreicher zivilgesellschaftlicher Organisationen ausgesetzt, die eine klare Kante gegen die Politik von Trump und Musk fordern. Diese Gruppen argumentieren, dass die Verabschiedung des Gesetzes einer Kapitulation vor den unilateralen Kürzungen und der zunehmenden Einflussnahme des Präsidenten auf die Verwaltung gleichkäme. Die Demokraten hätten hier eine seltene Gelegenheit, ihre legislative Macht zu demonstrieren und zumindest einige Leitplanken gegen die ihrer Ansicht nach schädlichen Eingriffe der Regierung zu errichten.
Andererseits sind sich viele Demokraten der potenziellen politischen Risiken eines Government Shutdowns bewusst. In der Vergangenheit wurden in solchen Situationen oft die Parteien abgestraft, die als Verursacher des Stillstands wahrgenommen wurden. Die Republikaner versuchen bereits, den Schwarzen Peter den Demokraten zuzuschieben, indem sie deren Weigerung als verantwortungsloses Spiel mit dem Schicksal von Bundesbediensteten und wichtigen staatlichen Funktionen darstellen. Zudem befürchten einige gemäßigte Demokraten, dass ein Shutdown die Position von Trump und Musk sogar noch stärken könnte, indem er der Exekutive mehr Spielraum bei der Stilllegung von Regierungsbehörden und der Neuzuweisung von Ressourcen gibt.
Innerhalb der demokratischen Fraktion scheinen die Meinungen über die richtige Strategie auseinanderzugehen. Während einige Senatoren wie John Fetterman öffentlich ihre Bereitschaft signalisiert haben, für den republikanischen Entwurf zu stimmen, um einen Shutdown zu verhindern, betonen andere wie Patty Murray die Notwendigkeit, die eigene legislative Autorität zu verteidigen und sich der „partiischen“ Vorlage entgegenzustellen. Schumer selbst hat sich bislang bedeckt gehalten und betont, die Geschlossenheit seiner Fraktion zu wahren, während er gleichzeitig nach einem Ausweg aus der Pattsituation sucht.
Washington im Würgegriff der parteipolitischen Grabenkämpfe – D.C. als Kollateralschaden?
Ein besonders brisanter Aspekt des aktuellen Haushaltsstreits betrifft die Hauptstadt Washington, D.C. Der vom Repräsentantenhaus verabschiedete Übergangshaushalt sieht vor, der Stadt mehr als eine Milliarde US-Dollar an Mitteln zu entziehen, indem eine seit zwei Jahrzehnten übliche Klausel gestrichen wurde, die es D.C. erlaubt, seinen lokalen Haushalt weiterzuführen. Diese plötzliche und unerwartete Maßnahme würde D.C. zwingen, zu den Ausgabenniveaus von 2024 zurückzukehren und hätte verheerende Auswirkungen auf öffentliche Dienstleistungen wie Schulen, Polizei, Feuerwehr und öffentliche Verkehrsmittel.
Die parteiübergreifende Empörung in D.C. über diesen Schritt ist groß. Bürgermeisterin Muriel Bowser und die lokale Regierung haben eindringlich vor den „katastrophalen Konsequenzen“ gewarnt und fordern den Kongress auf, diese Bestimmung im Senat zu korrigieren. Die Demokraten im Senat haben diese Forderung aufgegriffen und sehen die geplante Budgetkürzung für D.C. als einen weiteren Grund für ihre Ablehnung des republikanischen Gesetzentwurfs. Es bleibt jedoch fraglich, ob die Sorge um die Belange der Hauptstadt ausreichen wird, um genügend Republikaner im Senat zum Umdenken zu bewegen oder eine Einigung über einen alternativen Finanzierungsmechanismus zu erzielen.
Die aktuelle Haushaltskrise in Washington ist mehr als nur ein parteipolitisches Tauziehen um Zahlen und Prioritäten. Sie ist ein Symptom für eine tiefgreifende Dysfunktion des politischen Systems, in dem ideologische Verhärtung und die Bereitschaft zur Konfrontation zu scheinbar unüberwindbaren Blockaden führen. Die Motive der Akteure sind vielschichtig: Während die Republikaner unter dem Druck von Trump versuchen, ihre Agenda der Ausgabenkürzungen und der Stärkung der Exekutive durchzusetzen, ringen die Demokraten mit der Frage, wie sie ihren Prinzipien treu bleiben und gleichzeitig die negativen Folgen eines Regierungsstillstands für das Land abwenden können.
Die drohende Haushaltsblockade verdeutlicht auf bittere Weise, wie stark die amerikanische Politik von kurzfristigen taktischen Überlegungen und dem Kalkül der wechselseitigen Schuldzuweisung geprägt ist. Die eigentlichen Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger, die auf funktionierende staatliche Institutionen und Dienstleistungen angewiesen sind, scheinen dabei in den Hintergrund zu treten. Ob es in den verbleibenden Stunden vor der Frist noch zu einer überraschenden Einigung kommt, bleibt abzuwarten. Doch die Zeichen stehen auf Sturm in Washington, und die Wahrscheinlichkeit eines Government Shutdowns, mit all seinen unliebsamen Konsequenzen, ist in bedenklichem Maße gestiegen. Die Augen der Nation sind nun auf den Senat gerichtet, in der Hoffnung, dass die dortigen Akteure in der Lage sein werden, einen Weg aus dieser selbstverschuldeten Krise zu finden.