Die Selbstaufgabe einer Partei: Trumps Gesetz ist ein Zeugnis politischer Furcht

Illustration: KI-generiert

Man muss die Ereignisse dieser Woche als das bezeichnen, was sie waren: keine Sternstunde der Demokratie, sondern eine politische Farce mit tragischen Folgen. Der Jubel der Republikaner nach der Verabschiedung von Donald Trumps sogenanntem „Big Beautiful Bill“ war der Applaus für die eigene Selbstaufgabe. Was hier gefeiert wurde, war nicht die erfolgreiche Umsetzung einer politischen Vision. Es war der Vollzug einer Kapitulation – die Kapitulation einer einst stolzen Partei vor dem Willen eines einzigen Mannes, der Loyalität über alles stellt: über Prinzipien, über Fakten und offensichtlich auch über das Wohl des eigenen Landes.

Dieses Gesetz ist ein Desaster auf Ansage. Selbst seine Architekten und die Abgeordneten, die es mit ihrer Stimme ermöglichten, gaben hinter vorgehaltener Hand oder sogar öffentlich zu, dass es ein „schlechtes Gesetz“ sei. Es ist ein budgetäres Monstrum, das die Staatsverschuldung um Billionen Dollar in die Höhe treiben wird, während es gleichzeitig das soziale Netz für die Schwächsten der Gesellschaft zerschneidet. Es ist das genaue Gegenteil dessen, was die Republikanische Partei jahrzehntelang als ihre Kernkompetenz predigte: fiskalische Vernunft.

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Was wir also erlebt haben, ist ein Schauspiel an intellektueller und politischer Rückgratlosigkeit, das in die Geschichte eingehen wird. Die selbsternannten Gralshüter der Haushaltsdisziplin, jene Republikaner, die jahrelang jede Sozialausgabe als Weg in den Ruin gebrandmarkt hatten, warfen ihre angeblichen Überzeugungen für einen einzigen Mann über Bord. Sie stimmten für ein Gesetz, das die Staatsverschuldung in schwindelerregende Höhen treibt und das Land mit Billionen neuer Schulden belastet. Warum? Weil Donald Trump es so wollte. Weil er die Abstimmung zu einem persönlichen Loyalitätstest stilisierte und jedem Abweichler mit politischer Vernichtung drohte. Die Angst vor einem wütenden Post auf Truth Social war größer als die Verantwortung für die Zukunft des Landes. Das ist die erbärmliche Wahrheit.

Die verschiedenen Schicksale der Senatoren während dieses unwürdigen Prozesses lesen sich wie ein Lehrstück über Moral und Macht in der Politik. Da ist Senator Josh Hawley, der die Kürzungen bei der Krankenversicherung Medicaid zunächst als „moralisch falsch und politisch selbstmörderisch“ anprangerte, nur um dann Stück für Stück einzuknicken und am Ende widerstandslos zuzustimmen. Seine Kehrtwende ist ein Symbol für die Kapitulation der Überzeugung vor dem politischen Opportunismus.

Dann ist da Senatorin Lisa Murkowski, die offen zugab, das Gesetz für schlecht zu halten und die Angst in den Reihen ihrer Kollegen vor Trump mit den Worten „Wir haben alle Angst“ beschrieb. Doch statt standhaft zu bleiben, wählte sie den Weg des zynischen Deals: Sie verkaufte ihre entscheidende Stimme für ein Bündel an finanziellen Vorteilen für ihren Heimatstaat Alaska. Das ist keine verantwortungsvolle Politik, das ist die Legitimierung eines schlechten Gesetzes aus reinem Eigennutz – wissend, dass der Rest der Nation den Preis dafür zahlen wird.

Der einzig wahrhaft konsequente Kritiker in den eigenen Reihen, Senator Thom Tillis, bezahlte für seine Weigerung mit seiner politischen Karriere. Er warnte Trump direkt und prophezeite ihm, dass dieses Gesetz die Mehrheit im Repräsentantenhaus kosten würde. Als er ignoriert wurde, stimmte er mit Nein und warf das Handtuch. Sein Schicksal ist die vielleicht düsterste Botschaft von allen: In der heutigen Republikanischen Partei scheint für aufrechten, prinzipienfesten Widerspruch kein Platz mehr zu sein.

So hinterlässt dieser „Triumph“ eine toxische Erbschaft. Ökonomisch ist es eine Hypothek, die künftige Generationen belasten und den staatlichen Handlungsspielraum in kommenden Krisen drastisch einschränken wird. Politisch aber ist der Schaden noch größer. Die Republikanische Partei hat ihren ideologischen Kompass verloren. Sie hat gezeigt, dass ihre proklamierten Prinzipien nur noch leere Phrasen sind, die jederzeit der Machtlogik und dem Willen ihres Anführers geopfert werden können. Was bleibt, ist eine Partei, die durch Furcht geeint ist, nicht durch Ideen. Und das ist für die amerikanische Demokratie eine weitaus gefährlichere Entwicklung als jede noch so hohe Staatsverschuldung.

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