
Mit Roy Black ist ein Gigant der amerikanischen Strafverteidigung von der Bühne abgetreten, ein Mann, den Kollegen als den „Größten aller Zeiten“ würdigten. Sein Tod im Alter von 80 Jahren beendet eine Ära, die von medienwirksamen Prozessen und spektakulären Freisprüchen geprägt war. Doch während die Nachrufe seine Siege für Klienten wie William Kennedy Smith oder Justin Bieber aufzählen, drängt sich ein Fall mit unnachgiebiger Wucht in den Vordergrund und wirft einen tiefen, dunklen Schatten auf das gesamte Lebenswerk: der Fall Jeffrey Epstein. Blacks Rolle in diesem Skandal war keine bloße Fußnote, sondern ein zentrales Kapitel. Die Analyse seiner Karriere durch die Linse dieses Deals offenbart, wie juristische Brillanz, losgelöst von moralischer Verantwortung, zu einem Ergebnis führen kann, das das Fundament der Gerechtigkeit erschüttert.
Ein Pakt gegen die Gerechtigkeit
Im Jahr 2006, als die Ermittlungen gegen den Finanzier Jeffrey Epstein wegen sexueller Verbrechen an Dutzenden minderjährigen Mädchen liefen, trat Roy Black auf den Plan. Er wurde zu einem der zentralen Architekten jenes juristischen Manövers, das als einer der umstrittensten Plädoyer-Deals in die Geschichte eingehen sollte. Gemeinsam mit Epsteins anderen Anwälten verhandelte er 2007 eine Vereinbarung mit Bundesstaatsanwälten, die 2008 finalisiert wurde. Dieser Pakt war ein Meisterstück der Schadensbegrenzung für seinen Klienten: Er bewahrte Epstein vor einer weitaus schwereren Anklage auf Bundesebene. Stattdessen bekannte sich der Milliardär lediglich auf bundesstaatlicher Ebene zweier minderschwerer Prostitutionsdelikte für schuldig. Die Konsequenz: eine Haftstrafe von nur 13 Monaten, von der er einen Teil sogar mit dem Privileg des Freigangs verbüßen durfte.

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Black verteidigte diesen Deal vehement und bestritt, dass es sich um eine Vorzugsbehandlung gehandelt habe. Doch diese Verteidigungslinie zerbricht an der Realität der Opfer. Zwei von ihnen reichten später eine Klage ein, mit dem Vorwurf, die Vereinbarung verstoße gegen Bundesrecht, da sie nie die Möglichkeit erhalten hätten, Einspruch zu erheben oder auch nur angemessen konsultiert zu werden. Blacks Bemühungen gingen sogar noch weiter: 2015 versuchte er aktiv, die Veröffentlichung von E-Mails und Briefen aus den Verhandlungen zu blockieren, mit dem Argument, sein Mandant würde „irreparablen Schaden“ erleiden. Es war der Versuch, den Mechanismus eines Deals zu verschleiern, der für viele nicht wie Recht, sondern wie das Privileg von Macht und Reichtum aussah.
Der lange Weg zum Pakt
Wie konnte der Mann, den Weggefährten als Kämpfer für den „Underdog“ feierten, zum Wegbereiter für einen solchen Deal werden? Die Antwort liegt in der Legende, die er über Jahrzehnte um sich herum aufgebaut hatte. Sein nationaler Ruhm, begründet durch den Freispruch für William Kennedy Smith in einem live im Fernsehen übertragenen Prozess, schuf das Image eines Anwalts, der das Unmögliche möglich machen konnte. Jeder weitere Sieg für hochkarätige Klienten festigte seinen Ruf als der Mann, den man anrief, wenn alles auf dem Spiel stand. Diese Aura der Unbesiegbarkeit und sein unbestreitbares juristisches Genie machten ihn zur ersten Wahl für einen Klienten wie Epstein. Seine gesamte Karriere war gewissermaßen die Schmiede für jene Werkzeuge, die er im Fall Epstein mit verheerender Effektivität einsetzte. Das Prinzip, das ihn leitete, fasste seine Frau treffend zusammen: Er konnte „das Verhalten der Menschen von ihrem Charakter trennen“. Im Fall Epstein wurde diese Trennung zur moralischen Kluft. So wird der Fall Epstein zum Brennglas für eine verstörende Wahrheit: Roy Blacks größtes Talent war es, das System zu beherrschen. Sein Vermächtnis ist die Demonstration, dass diese Meisterschaft, auf die Spitze getrieben, Gerechtigkeit nicht nur erstreiten, sondern auch verhindern kann.