
Viele Menschen kennen das Gefühl: Man schaut ständig auf sein Smartphone. Man hat immer das Gefühl, das Handy in der Tasche vibriert. Man will jede freie Minute nutzen, um auf den Bildschirm zu schauen. Manche junge Menschen sagen dazu: Das Gehirn wird matschig. Man kann nach langem Schauen auf das Handy nicht mehr klar denken. Früher war das Smartphone ein tolles Werk-Zeug. Man konnte mit allen Menschen verbunden sein und alles schnell erledigen. Heute fühlen sich viele Menschen durch ihr Handy gefangen.
Immer mehr Menschen wollen deshalb eine Pause vom Handy. Das sind zum Beispiel gestresste Eltern, junge Menschen oder Menschen mit viel Arbeit. Sie probieren verschiedene Dinge aus. Manche kaufen sich ein altes Klapp-Handy ohne Internet. Man nennt diese Handys auch „Dumb Phones“, also dumme Telefone. Andere versuchen, das Handy für einen ganzen Monat nicht zu benutzen. Wieder andere stellen den Handy-Bildschirm auf grau. So sollen die bunten Apps nicht mehr so interessant aussehen.

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Aber diese Versuche zeigen ein großes Problem: Wir stecken alle zusammen in einer Falle. Eine einzelne Person kann versuchen, ohne Handy zu leben. Aber unsere ganze Gesellschaft ist auf Handys aufgebaut. Ohne Smartphone kann man viele Dinge im Alltag nicht mehr machen. Das Problem ist also nicht die Schuld von einer einzelnen Person. Das Problem liegt im ganzen System. Es geht darum, wie unsere Gesellschaft, unsere Wirtschaft und unsere Gefühle heute funktionieren. Wir müssen darüber reden, wer für dieses Problem verantwortlich ist. Und wir müssen uns fragen: Können wir dieser Falle überhaupt noch entkommen?
Wie Firmen uns an das Handy binden
Um das Problem zu verstehen, müssen wir uns fragen: Ist die Handy-Nutzung nur eine schlechte Angewohnheit? Oder ist es eine richtige Sucht? Eine Ärztin aus den Vereinigten Staaten von Amerika, Dr. Anna Lembke, hat dazu geforscht. Sie sagt: Unsere Welt ist voll von Dingen, die uns ablenken. Unser Gehirn bekommt dadurch ständig kleine Belohnungen. Jede Nachricht auf dem Handy, jedes „Like“ bei sozialen Medien und jeder neue Beitrag ist so eine Belohnung.
Durch diese ständigen Belohnungen will unser Gehirn immer mehr davon. Die Ärztin sagt, dass wir das Handy dann nicht mehr benutzen, weil es Freude macht. Wir benutzen es, weil wir uns ohne das Handy schlecht fühlen. Wir brauchen das Handy, um uns „normal“ zu fühlen. Andere Fach-Leute vergleichen die Apps auf unseren Handys mit einer Glücksspiel-Maschine. Ein ehemaliger Mitarbeiter von Google, Tristan Harris, warnt davor. Er sagt: Wir tragen eine Glücksspiel-Maschine in der Tasche mit uns herum.
Funktionen wie das unendliche Scrollen oder Videos, die von alleine starten, sind kein Zufall. Die Firmen, die die Apps entwickeln, bauen diese Funktionen mit Absicht ein. Sie wollen, dass die Nutzerinnen und Nutzer so lange wie möglich auf der App bleiben. Denn damit verdienen die Firmen ihr Geld. Kritikerinnen und Kritiker sagen deshalb: Diese Produkte werden absichtlich so gestaltet, dass sie süchtig machen. Das bedeutet: Nicht die Nutzerinnen und Nutzer sind schuld, sondern die großen Technik-Firmen.
Aber nicht alle Fach-Leute sind sich einig, ob es sich wirklich um eine Sucht handelt. Bei manchen Menschen ist es klar eine Krankheit. Zum Beispiel, wenn jemand wegen der Handy-Sucht seine Arbeit oder seine Freundinnen und Freunde verliert. Bei den meisten Menschen ist die Grenze aber nicht so klar. Diese Fach-Leute sprechen lieber von extrem starken Gewohnheiten. Diese Gewohnheiten laufen automatisch ab. Man schaut zum Beispiel immer an der Bus-Haltestelle auf das Handy, ohne darüber nachzudenken. Aber egal, ob Sucht oder Gewohnheit: Das Ergebnis ist dasselbe. Die Menschen haben das Gefühl, dass sie die Kontrolle verloren haben. Sie können sich nicht vom Handy lösen, obwohl sie wissen, dass es nicht gut für sie ist.
Die Jugend und die Angst: Macht das Smartphone krank?
Besonders große Sorgen machen sich viele Menschen um die Jugend. Der Forscher Jonathan Haidt hat dazu ein bekanntes Buch geschrieben. Er nennt die heutige junge Generation die „ängstliche Generation“. Er sagt: Das Smartphone und die sozialen Medien haben die Kindheit komplett verändert. Das ist seiner Meinung nach der direkte Grund dafür, dass heute so viele junge Menschen Angst-Störungen oder Depressionen haben. Das gilt besonders für Mädchen und junge Frauen. Die Zahlen aus den USA scheinen ihm recht zu geben. Dort gab es viel mehr Krankenhaus-Aufenthalte von jungen Mädchen wegen Selbst-Verletzungen als früher.
Aber andere Fach-Leute sagen: So einfach ist es nicht. Es könnte auch andere Gründe für diese Zahlen geben. Zum Beispiel könnten sich die Regeln in den Kranken-Häusern geändert haben, wie sie solche Fälle aufschreiben. Eine Untersuchung hat gezeigt, dass solche Änderungen in den Regeln fast den ganzen Anstieg erklären könnten. Außerdem ist die Situation in verschiedenen Ländern unterschiedlich. In den USA sind die Selbstmord-Raten bei Jugendlichen gestiegen. In vielen anderen reichen Ländern wie Deutschland oder Frankreich sind sie aber gleich geblieben oder sogar gesunken. Das zeigt: Das Smartphone kann nicht der alleinige Grund sein. Es müssen auch andere Dinge im Land oder in der Kultur eine Rolle spielen.
Neuere Untersuchungen schauen sich nicht nur an, wie lange jemand am Handy ist. Sie schauen sich an, was die Person am Handy macht. Eine große Untersuchung mit über 4.000 Kindern hat gezeigt: Die Anzahl der Stunden vor dem Bildschirm war nicht das Problem. Der entscheidende Risiko-Faktor war ein süchtiges Verhalten. Das bedeutet: Die Kinder hatten den Zwang, das Handy zu benutzen. Sie konnten sich nicht davon lösen und bekamen Stress, wenn das Handy nicht da war. Manche Kinder zeigten dieses riskante Verhalten sogar, obwohl sie nur wenig Zeit am Handy verbrachten. Diese Erkenntnis ist wichtig. Sie zeigt, dass die Technik selbst vielleicht nicht das Problem ist. Das Problem ist das zwanghafte Verhalten, das durch das Design der Apps gefördert wird. Das macht wieder die Technik-Firmen verantwortlich.
Flucht in die Vergangenheit: Das alte Klapp-Handy
Viele Erwachsene fühlen sich von ihrem Smartphone kontrolliert. Sie suchen deshalb eine Lösung in der Vergangenheit. Sie tauschen ihr modernes Smartphone gegen ein altes Klapp-Handy ohne Internet. Menschen, die das gemacht haben, erzählen von einem Gefühl der Befreiung. Sie schlafen besser und können sich wieder länger auf eine Sache konzentrieren. Statt kurzer Nachrichten führen sie wieder längere Telefon-Gespräche. Sie hören nicht mehr ständig Musik oder Podcasts, sondern haben auch mal Stille für eigene Gedanken. Der Kontakt zu anderen Menschen im Alltag, zum Beispiel mit den Nachbarinnen und Nachbarn, wird wieder persönlicher.
Aber diese Flucht in die Vergangenheit hat klare Grenzen. Unsere moderne Welt ist stark von Apps auf dem Smartphone abhängig. Wer auf ein Smartphone verzichtet, hat jeden Tag mit Problemen zu kämpfen. Nutzerinnen und Nutzer von Klapp-Handys können keine QR-Codes für Speise-Karten im Restaurant scannen. Sie können keine Park-Gebühren mit einer App bezahlen. Sie können ihre Bank-Geschäfte nicht unterwegs erledigen. Und sie können oft keine Fahr-Karten für den Bus oder die Bahn kaufen, weil diese digital auf dem Handy gespeichert sind. Das zeigt: Das Problem liegt im System. Der Versuch einer einzelnen Person, ohne Handy zu leben, wird von der Gesellschaft erschwert. Ein Leben ohne Smartphone wird zu einem Luxus, den sich nur wenige leisten können.
Das Dilemma der Eltern und die Rolle der Schule
Eltern und Erziehungs-Berechtigte stehen bei diesem Thema vor einem großen Problem. Eine Umfrage hat gezeigt: Viele Eltern haben ihren Kindern früh ein Smartphone gegeben und bereuen diese Entscheidung heute. Über die Hälfte der Eltern wünscht sich, dass es soziale Medien wie Instagram oder TikTok nie gegeben hätte. Ein wichtiger Grund dafür ist der soziale Druck. Viele Eltern kaufen ihrem Kind nur deshalb ein Smartphone, weil die Freundinnen und Freunde auch schon eines haben. Sie haben Angst, dass ihr Kind sonst ein Außenseiter oder eine Außenseiterin wird und von Gruppen-Chats und Verabredungen ausgeschlossen ist.
Als Reaktion auf diese Probleme werden Schulen zu einem wichtigen Ort für Veränderungen. Immer mehr Schulen führen ein komplettes Handy-Verbot während des ganzen Schul-Tages ein. Die Erfahrungen damit sind sehr gut. Schulleiterinnen und Schulleiter berichten, dass sich die Atmosphäre in der Schule komplett verändert hat. In den Pausen schauen die Schülerinnen und Schüler nicht mehr still auf ihre Handys. Stattdessen reden sie wieder miteinander, spielen zusammen und lösen Streit direkt von Angesicht zu Angesicht. Einige Schülerinnen und Schüler sind sogar erleichtert. Sie freuen sich, dass sie für ein paar Stunden dem Druck entkommen, immer auf Nachrichten antworten zu müssen.
Es gibt aber auch Argumente gegen solche Verbote. Manche Eltern haben Angst, dass sie ihre Kinder im Notfall nicht erreichen können. Und manche Lehrerinnen und Lehrer sagen, man müsse den Kindern den verantwortungs-vollen Umgang mit der Technik beibringen, anstatt sie zu verbieten.
Was kann der Staat tun?
Da einzelne Personen, Eltern oder Schulen das Problem nicht alleine lösen können, schauen viele auf den Staat. Auf der ganzen Welt wird über neue Gesetze nachgedacht. Australien hat zum Beispiel ein Gesetz beschlossen. Dort sind soziale Medien für Kinder unter 16 Jahren verboten. In den Vereinigten Staaten von Amerika gibt es Gesetze für handy-freie Schulen. Der oberste Gesundheits-Beamte fordert dort sogar Warn-Hinweise auf sozialen Medien, so wie auf Zigaretten-Schachteln. Die meisten Eltern unterstützen solche Regeln. Aber die Umsetzung ist schwierig. Wie kann man das Alter der Nutzerinnen und Nutzer sicher überprüfen? Und die großen Technik-Firmen wehren sich mit viel Geld und guten Anwälten gegen solche Gesetze.
Ein neuer Plan für unsere digitale Welt
Zusammenfassend kann man sagen: Wir stecken in einer tiefen Abhängigkeit vom Smartphone. Diese Abhängigkeit können wir nicht durch die Willens-Kraft von einzelnen Personen überwinden. Der Wunsch nach einer Handy-Pause trifft auf eine Welt, die uns zwingt, immer online zu sein. Die Lösung liegt nicht nur bei jeder einzelnen Person. Wir brauchen einen neuen digitalen Gesellschafts-Vertrag.
Das bedeutet zwei Dinge. Erstens: Wir müssen die Verantwortung der Technik-Firmen klar benennen und einfordern. Sie müssen ihre Produkte so gestalten, dass sie für Kinder und Jugendliche sicher sind. Schutz-Mechanismen müssen einfach zu finden und standardmäßig aktiviert sein. Zweitens: Wir als Gesellschaft müssen bewusst Räume und Möglichkeiten schaffen, in denen ein Leben ohne Smartphone möglich ist. Das können handy-freie Bereiche in öffentlichen Gebäuden sein oder die bewusste Entscheidung für Angebote ohne App-Zwang, zum Beispiel bei Behörden.
Die Aufgabe ist groß. Man kann sie mit der Regulierung von Tabak oder Alkohol vergleichen. Aber die Herausforderung ist noch größer. Das Smartphone ist nicht nur zum Vergnügen da. Es ist ein zentrales Werk-Zeug für unser modernes Leben. Man kann es nicht einfach verbieten. Die eigentliche Aufgabe ist es, unsere Beziehung zu dieser Technik gemeinsam neu zu verhandeln. Wir müssen weg von einer passiven, süchtigen Nutzung. Wir müssen hin zu einer bewussten und kontrollierten Nutzung. Die Technik soll wieder ein Werk-zeug sein, das den Menschen dient – und nicht umgekehrt. Das ist eine große Aufgabe für unsere Kultur und unsere Politik in den nächsten Jahren.
Info aus ‚Politik Leicht Gemacht‘: Dieser Beitrag ist in Einfacher Sprache verfasst. Das bedeutet: Kürzere Sätze und einfache Wörter helfen beim Verstehen. Den ausführlichen Original-Artikel in Standard-Sprache finden Sie hier: https://letterkasten.de/die-kollektive-gefangenschaft-warum-wir-dem-smartphone-nicht-entkommen-koennen-selbst-wenn-wir-es-wollen/