Das große KI-Problem: Wir nutzen eine unfertige Technik

Illustration: KI-generiert

Künstliche Intelligenz, kurz KI, ist heute überall. Ein Programmierer lässt eine KI einen Teil seiner Arbeit machen. Eine Frau findet mit einem Chatbot heraus, welche seltene Krankheit ihr Hund hat. Menschen unterhalten sich mit ChatGPT über Kunst. KI ist in unserem Alltag angekommen, und das schneller als damals das Smartphone.

Aber hinter dieser Entwicklung steckt ein großes Problem, ein Widerspruch. Wir machen uns von einer Technik abhängig, die im Kern unfertig und unzuverlässig ist. KI-Systeme machen ständig Fehler. Man kann sagen: Das ganze Internet ist in einem unfertigen Zustand, einem sogenannten Beta-Modus. Die KI ist wie ein sehr kluger Assistent mit vielen Doktortiteln, der aber einen Teil des Tages verwirrt ist und nicht klar denken kann.

Diese schnelle Veränderung durch KI ist chaotisch. Sie wird angetrieben von viel Geld und großem Optimismus. Aber es gibt eine große Lücke zwischen dem, was die Technik verspricht, und dem, was sie wirklich kann. Das zwingt uns, über schwierige Fragen nachzudenken: Was wird aus unserer Arbeit? Was ist Wissen noch wert? Und was bedeutet menschliche Kreativität? Diese Entwicklung führt zu Problemen in der Wirtschaft und zu Widerstand von Menschen, die nicht alles von Maschinen erledigen lassen wollen.

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Was Menschen am Arbeitsplatz wirklich von KI wollen

Die meisten Menschen, die arbeiten, sind offen für KI. Fast die Hälfte wünscht sich, bestimmte Aufgaben an eine KI abgeben zu können. Der Hauptgrund dafür ist praktisch: Sie wollen Zeit sparen für wichtigere Dinge. Am liebsten würden sie langweilige und stressige Routine-Arbeiten an eine Maschine übergeben. Dazu gehören zum Beispiel Termine verwalten oder Fehler protokollieren.

Aber genau hier gibt es ein Problem. Die Arbeiterinnen und Arbeiter sehen die KI als Helfer. Die Entwickler und die Firmen, die Geld in KI investieren, haben aber oft andere Pläne. Eine Studie hat gezeigt, dass viel Geld in die Entwicklung von KI für Bereiche fließt, in denen die Menschen gar keine Automatisierung wollen. Das betrifft vor allem kreative Berufe. Zum Beispiel wollen nur wenige Menschen in Kunst, Design oder Medien, dass ihre Arbeit von einer KI übernommen wird. Ein Kunst-Direktor sagte: „Ich möchte niemals KI nutzen, um Künstler zu ersetzen“.

Die meisten Menschen wünschen sich eine Partnerschaft zwischen Mensch und Maschine. Sie wollen mit der KI zusammenarbeiten, aber nicht von ihr ersetzt werden. Die Realität ist aber: Die KI wird oft an den Wünschen der zukünftigen Nutzerinnen und Nutzer vorbei entwickelt. Das führt zu Problemen, wenn die neue Technik dann am Arbeitsplatz eingeführt wird.

Wie KI das Internet und seine Geschäfte verändert

Die vielleicht größten Veränderungen durch KI finden gerade im Internet statt. Das alte Geschäftsmodell, mit dem Zeitungen, Blogger und Online-Händler 20 Jahre lang Geld verdient haben, bricht zusammen. Der Grund dafür sind KI-Assistenten und sprachbasierte Suchen. Sie führen zu sogenannten „Null-Klick-Suchen“. Das bedeutet: Die Nutzerinnen und Nutzer bekommen ihre Antwort direkt von der KI und klicken nicht mehr auf einen Link zu einer Webseite. Für die Betreiber von Webseiten ist das eine Katastrophe. Sie werden zwar von der KI als Quelle genutzt, aber sie bekommen keine Besucher und damit auch kein Geld mehr.

Die Zahlen sind dramatisch. Zeitungen und Webseiten verlieren einen großen Teil ihrer Besucher, teilweise bis zu 91 Prozent. Die alte Regel „Inhalt ist König“ gilt nicht mehr. Eine neue Regel tritt an ihre Stelle: Wer nicht genannt wird, existiert nicht. Wenn eine Marke in einer KI-Antwort erwähnt wird, kann das sogar gut sein. Die Nutzer vertrauen der KI und wollen dann vielleicht doch die Original-Quelle lesen. Starke Marken wie die „New York Times“ können so sogar neue Abonnenten gewinnen. Aber schwächere und unbekannte Marken werden unsichtbar und verschwinden.

Wer im Internet überleben will, muss seine Strategie radikal ändern. Es gibt drei wichtige Wege:

  1. Technische Anpassung für Maschinen: Man muss seine Inhalte so gestalten, dass eine KI sie gut lesen und verstehen kann.
  2. Neue Geschäftsmodelle: Man kann seine Inhalte an KI-Firmen verkaufen. Große Medienhäuser machen das bereits und verdienen damit Millionen. Das nennt man Lizenzierung.
  3. Direkte Beziehung zum Publikum aufbauen: Das ist vielleicht der nachhaltigste Weg. Firmen müssen direkte Kanäle zu ihren Kundinnen und Kunden aufbauen, zum Beispiel durch Newsletter oder eigene Apps. Ein treuer E-Mail-Verteiler wird wertvoller als eine Million zufällige Besucher auf der Webseite.

„Nicht mit uns“: Der Widerstand gegen die Automatisierung

Während Firmen um ihre Existenz kämpfen, wächst auch der Widerstand bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Sie wehren sich, wenn KI menschliche Kreativität ersetzen soll. Gute Beispiele sind die Sprachlern-App Duolingo und der Hörbuch-Anbieter Audible. Als Duolingo ankündigte, menschliche Übersetzer durch KI zu ersetzen, waren Tausende Nutzer empört. Das Gleiche passierte, als Audible anfing, Hörbücher von einer KI vorlesen zu lassen.

Viele Nutzer kündigten ihre Abonnements. Sie hatten Angst um die Arbeitsplätze der Menschen. Sie bemängelten aber auch die schlechtere Qualität. Eine von einer KI gelesene Liebesszene wurde als „urkomisch“ schlecht beschrieben. Der tiefere Grund für den Ärger ist aber ein Gefühl des Verlusts. Die Nutzer haben das Gefühl, dass etwas Besonderes und Menschliches einer kalten und schlechteren Automatisierung geopfert wird. Diese Gegenbewegung könnte dazu führen, dass echte, von Menschen gemachte Kunst wieder mehr geschätzt wird.

KI an den Universitäten: Das Ende des Denkens?

Nirgendwo wird so heftig über KI gestritten wie im Bildungs-System. Die großen Technik-Firmen wollen, dass KI-Werkzeuge wie ChatGPT an allen Universitäten genutzt werden. Sie stellen die KI als perfekten, persönlichen Lern-Partner dar, der Studierenden rund um die Uhr hilft.

Kritiker warnen aber vor einer gefährlichen Entwicklung. Sie haben Angst, dass die Studierenden aufhören, selbstständig zu denken. Sie könnten das Denken komplett an die Chatbots abgeben. So könnte eine Generation von Akademikern entstehen, die zwar Wissen wiedergeben kann, es aber nicht wirklich verstanden hat. Die Kritiker malen das Bild einer „Bildungs-Pantomime“: Studierende tun so, als würden sie lernen, indem sie von KI geschriebene Arbeiten abgeben. Und die überlasteten Lehrenden nutzen ebenfalls KI, um diese Arbeiten zu bewerten. Am Ende passiert kein echtes Lernen mehr.

Das Zeitalter der ständigen Fehler

Das größte Problem der heutigen KI ist die Lücke zwischen dem, was sie verspricht, und dem, was sie wirklich leistet. Die KI-Systeme sind unzuverlässig und fehleranfällig. Wir bauen unsere Zukunft auf einer Technik auf, die zwar meistens funktioniert, aber eben nicht immer.

Die Fehler sind überall. KI-Suchen geben falsche Daten an, Chatbots erfinden Zitate oder machen rassistische Aussagen. Diese Fehler sind keine Kinder-Krankheiten, die bald verschwinden. Sie sind ein fester Teil der Technik. Denn KI basiert auf statistischer Wahrscheinlichkeit, nicht auf Fakten. Sie erzeugt Texte, die richtig klingen, aber sie kann keine Genauigkeit garantieren. Die Gefahr ist, dass wir uns an diese ständigen kleinen Fehler gewöhnen. Studien zeigen, dass Menschen, die dauerhaft KI nutzen, weniger kritisch denken. Sie werden abhängig und können oder wollen die Arbeit der KI nicht mehr überprüfen.

Was in der KI-Zeit wirklich zählt: Der Wert des Menschlichen

Weil die KI immer mehr Aufgaben der Informations-Verarbeitung übernimmt, müssen wir neu darüber nachdenken, welche menschlichen Fähigkeiten wertvoll sind. Reine Wissens-Arbeit, wie die Analyse von Daten, verliert an Bedeutung. Dafür werden andere Fähigkeiten wichtiger, die eine KI nicht hat.

Dazu gehören vor allem zwischenmenschliche Fähigkeiten wie die Führung von Personal, Beratung und Kommunikation. Es geht nicht mehr nur darum, was man weiß, sondern wie man es vermittelt und wie man mit Menschen umgeht.

Aber es geht noch um mehr. Eine der wichtigsten Fragen ist nicht mehr: „Ist die KI klüger als ich?“. Sondern: „Ist die KI interessanter als ich?“. Ein Chatbot kann vielleicht einen mittelmäßigen Aufsatz schreiben. Aber er kann keine echten menschlichen Eigenschaften ersetzen. Dazu gehören Geschmack, persönliche Erfahrung, lokales Wissen und echte Kreativität. Eine KI kann tausend Reiseführer zusammenfassen. Aber sie war niemals selbst in der Stadt und kennt nicht den Besitzer des kleinen Cafés an der Ecke. In einer Welt voller KI-Massenware wird das Echte und Menschliche zur wertvollsten Ressource.

Wie wir in einer unfertigen Zukunft überleben

Wir stehen an einem Punkt, an dem wir uns entscheiden müssen: anpassen oder untergehen. Das Internet, wie wir es kannten, stirbt. Ein neues entsteht. Die erfolgreichen Strategien für diese neue Welt haben eines gemeinsam: Sie machen uns unabhängig von den großen, unkontrollierbaren Plattformen wie Google.

Die erste und wichtigste Strategie ist der Aufbau von direkten Beziehungen zum eigenen Publikum, zum Beispiel durch Newsletter oder eigene Apps.

Die zweite Strategie ist die Anpassung an die Maschinen. Man muss seine Inhalte so aufbereiten, dass die KI sie versteht und korrekt zitiert.

Die dritte und stärkste Strategie ist die Konzentration auf das, was eine KI niemals kann: das Einzigartige und Menschliche. Eigene Daten, persönliche Erlebnisse und eine unverwechselbare kreative Handschrift werden zur entscheidenden Währung.

Die Zukunft gehört nicht denen, die blind auf die Technik vertrauen. Sie gehört denen, die ihre Fehler verstehen und sie als Werkzeug, nicht als Wahrheit ansehen. In einer Welt, die unfertig ist, werden menschliches Urteils-Vermögen, Kreativität und Vertrauen die wichtigsten und wertvollsten Güter sein.

Info aus ‚Politik Leicht Gemacht‘: Dieser Beitrag ist in Einfacher Sprache verfasst. Das bedeutet: Kürzere Sätze und einfache Wörter helfen beim Verstehen. Den ausführlichen Original-Artikel in Standard-Sprache finden Sie hier: https://letterkasten.de/das-ki-paradox-wie-eine-geniale-aber-unfertige-technologie-unsere-welt-im-beta-modus-gefangen-haelt/

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