Budget halbiert, Botschaften geschlossen: Washington plant radikalen Umbau der US-Außenpolitik

Die Trump-Administration plant offenbar einen beispiellosen Kahlschlag im US-Außenministerium und bei der Entwicklungshilfe. Geleakte Dokumente enthüllen Pläne, die Budgets drastisch zu kürzen, Personal massiv abzubauen, Botschaften zu schließen und zentrale Abteilungen aufzulösen. Es ist ein Angriff auf die Grundfesten der amerikanischen Diplomatie, der weit über bloße Sparmaßnahmen hinausgeht und Amerikas Rolle in der Welt neu definieren – oder vielmehr reduzieren – soll. Die Entwicklungshilfebehörde USAID existiert in ihrer bisherigen Form bereits nicht mehr.

Budget-Axt statt Soft Power: Internationale Programme vor dem Aus

Ein internes Memo des Office of Management and Budget (OMB), das der Presse zugespielt wurde, skizziert Kürzungen von fast 50 Prozent für das State Department und die Reste von USAID für das nächste Haushaltsjahr. Das Budget würde von rund 55 Milliarden auf 28,4 Milliarden Dollar schrumpfen. Besonders hart träfe es Kernbereiche der US-Außenpolitik: Humanitäre Hilfe und globale Gesundheitsprogramme sollen jeweils um über 50 Prozent gekürzt werden. Lediglich etablierte Programme wie PEPFAR (gegen AIDS) sollen in reduziertem Umfang weiterlaufen, während Mittel für Mutter-Kind-Gesundheit, Impfkampagnen oder vernachlässigte Tropenkrankheiten gestrichen würden. Fast die gesamte Finanzierung internationaler Organisationen – darunter die Vereinten Nationen und die NATO-Zentrale – soll wegfallen, ebenso wie die Beiträge zu UN-Friedensmissionen, pauschal begründet mit „jüngsten Missionsfehlschlägen“.

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Schrumpfender Fußabdruck: USA ziehen sich aus der Welt zurück

Parallel zu den Budgetkürzungen plant die Administration, die physische Präsenz der USA weltweit massiv zurückzufahren. Ein internes Papier schlägt die Schließung von zehn Botschaften vor, davon allein sechs in Afrika (Zentralafrikanische Republik, Eritrea, Gambia, Lesotho, Republik Kongo, Südsudan) sowie in Luxemburg, Malta, Grenada und auf den Malediven. Hinzu kommt die geplante Schließung von 17 Konsulaten, viele davon in Europa (u.a. fünf in Frankreich, zwei in Deutschland), aber auch in Kamerun, Indonesien, Südafrika und Südkorea. Diese Reduzierungen, so befürchten Kritiker, würden nicht nur diplomatische Kanäle kappen, sondern auch strategisch wichtigen Raum für Konkurrenten wie China und Russland öffnen, die ihre Präsenz global ausbauen. Strukturell soll das State Department umgebaut werden: Das Afrika-Büro soll quasi aufgelöst und durch ein kleines Sondergesandten-Büro ersetzt werden, das sich primär auf Terrorbekämpfung und Rohstoffgewinnung konzentriert. Auch Büros für Demokratie-, Menschenrechts- und Flüchtlingsfragen stehen zur Disposition.

Die Architekten des Umbaus: Rubio, Musk und die Kontroversen

Außenminister Marco Rubio steht nominell an der Spitze des Umbaus, betont seine Führungsrolle und bereitet eigene Pläne zur Personalreduzierung vor. Zehntausende der rund 80.000 Mitarbeiter könnten entlassen werden. Gleichzeitig agiert im Hintergrund die von Tech-Milliardär Elon Musk geleitete Taskforce „Department of Government Efficiency“ (DOGE). Ursprünglich zur Modernisierung der Bundesverwaltung eingesetzt, hat DOGE maßgeblich die Zerschlagung von USAID vorangetrieben und drängt auf massive Stellenstreichungen und Datenkonsolidierung in der gesamten Regierung. Pete Marocco, der die Auflösung von USAID als Staatssekretär beaufsichtigte und die Behörde als „Geldwäschesystem“ bezeichnete, hat das Ministerium inzwischen abrupt verlassen – Berichten zufolge nach Spannungen mit Rubio und anderen. Sein Nachfolger in Teilen ist ein 28-jähriger DOGE-Mitarbeiter, was die wachsende Macht von Musks umstrittener, intransparenter Einheit unterstreicht.

„Einseitige Abrüstung“ im Informationskrieg: Kampf gegen Desinformation beendet

Besonders brisant ist die von Rubio verkündete Schließung des Büros zur Bekämpfung ausländischer Informationsmanipulation (R/FIMI), Nachfolger des Global Engagement Center (GEC). Rubio begründet dies mit dem Vorwurf, die Einheit habe unter der Vorgängerregierung „Millionen Dollar ausgegeben, um aktiv die Stimmen von Amerikanern zum Schweigen zu bringen und zu zensieren“, ohne dafür jedoch Belege vorzulegen. Konservative Kreise und Musk selbst hatten dem GEC vorgeworfen, rechte Meinungen zu unterdrücken. Kritiker wie der ehemalige GEC-Leiter James Rubin nennen die Schließung eine „Form der einseitigen Abrüstung“ im Informationskrieg gegen Russland und China. Die Einheit habe sich ausschließlich auf ausländische Operationen konzentriert. Die Leitung der Abwicklung übernahm Darren Beattie, ein politischer Ernannter, der während Trumps erster Amtszeit wegen Kontakten zu weißen Nationalisten entlassen worden war.

Hohle Diplomatie: Moral am Boden, Expertise verloren

Die angekündigten Maßnahmen haben verheerende Auswirkungen auf das Personal. Ein Einstellungs- und Gehaltsstopp, Leistungskürzungen und die drohenden Massenentlassungen lassen die ohnehin schon niedrige Moral im State Department weiter sinken. Etablierte Karrierewege werden zerstört, wertvolle Expertise geht verloren. Programme wie das renommierte Fulbright-Austauschprogramm sollen komplett gestrichen oder radikal auf nationale Sicherheitsfragen reduziert werden. Auch spezielle Förderprogramme (Rangel, Pickering), die unterrepräsentierten Gruppen den Einstieg in den diplomatischen Dienst erleichtern sollten, sollen beendet werden. Die Kriterien für Neueinstellungen sollen künftig auch die „Übereinstimmung mit der außenpolitischen Vision des Präsidenten“ umfassen, was die politische Instrumentalisierung des diplomatischen Dienstes befürchten lässt.

Widerstand und Ausblick: Ein isoliertes Amerika?

Ob die drastischen Pläne in Gänze umgesetzt werden können, hängt maßgeblich vom Kongress ab, der die Haushaltsmittel bewilligt. Demokraten laufen bereits Sturm gegen die Vorschläge und warnen vor einer Selbstisolierung Amerikas, die Rivalen wie China und Russland in die Hände spiele. Auch bei den Republikanern regt sich hinter vorgehaltener Hand Widerstand, auch wenn öffentliche Kritik am Präsidenten selten ist. Internationale Partner dürften alarmiert sein, insbesondere über die Abkehr von UN und NATO. Die Zerschlagung der US-Diplomatie fügt sich nahtlos in Trumps „America First“-Doktrin und seine innenpolitische Agenda zur Verkleinerung des Staatsapparates ein. Das Ergebnis könnte jedoch ein international geschwächtes und isoliertes Amerika sein, das auf der globalen Bühne an Einfluss verliert.

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