
In der Demokratischen Partei in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) gibt es großen Streit. Die Demokratische Partei ist eine der zwei großen politischen Parteien in den USA. Der Streit geht um eine neue Idee. Sie heißt „Abundance Agenda“. Das bedeutet so viel wie: ein Plan für mehr Wohlstand und Fülle für alle.
Worum geht es bei der „Abundance Agenda“?
Die Menschen hinter der „Abundance Agenda“ wollen, dass der Staat besser und schneller arbeitet. Sie sagen: Wenn der Staat gut funktioniert, können die Menschen besser leben und es gibt mehr Wohlstand. Aber diese Idee gefällt nicht allen in der Demokratischen Partei. Besonders einige Gruppen, die schon lange viel Einfluss haben, sind dagegen. Sie machen sich Sorgen um ihre Macht. Der Streit über diese neue Idee ist so groß, dass er die Partei spalten könnte.
Warum sind viele Menschen unzufrieden mit dem Staat?
Viele Menschen in den USA sind enttäuscht. Sie finden, der Staat arbeitet oft zu langsam. Versprechen von Politikerinnen und Politikern werden nicht schnell genug umgesetzt. Ein Beispiel: Präsident Joe Biden hat sehr viel Geld für neue Straßen, Brücken und schnelles Internet versprochen. Dieses Geld kam aus einem großen Plan, den man Infrastruktur-Paket nennt. Präsident Biden hat damals gesagt: Wir zeigen, dass unsere Demokratie funktioniert. Aber auch nach langer Zeit war nur wenig von den Verbesserungen zu sehen. Es gab zum Beispiel kaum neue Lade-Stationen für Elektro-Autos. Und der Ausbau von schnellem Internet auf dem Land kam nicht voran. Schon der frühere Präsident Barack Obama hatte ähnliche Probleme. Er wollte mit Bau-Projekten Arbeits-Plätze schaffen. Aber es gab kaum Projekte, die schnell starten konnten.
Deshalb fragen sich viele Fach-Leute in der Demokratischen Partei:
- Warum konnte der Staat früher riesige Dinge wie den Hoover Staudamm oder die Golden Gate Brücke pünktlich und ohne Mehr-Kosten bauen?
- Warum scheitert der Staat heute oft an einfacheren Aufgaben?
- Warum dauerte es Jahre, bis das Gesundheits-Gesetz „Affordable Care Act“ (auch bekannt als Obamacare) umgesetzt war? Ein früheres Gesundheits-Programm namens Medicare war viel schneller fertig.
- Warum sind Projekte in Städten und Bundes-Staaten, wo die Demokraten regieren, oft langsamer und teurer? Diese Fach-Leute glauben: Der Staat hat sich selbst mit zu vielen Regeln blockiert. Wenn man einige dieser Regeln abschafft, könnte es den Menschen besser gehen und es gäbe mehr Wohlstand.

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Die drei wichtigsten Ideen der „Abundance Agenda“
Der Name „Abundance Agenda“ kommt vor allem von dem Journalisten Derek Thompson. Die Agenda hat drei Haupt-Ziele:
- Mehr Wohnungen bauen: Es sollen viel mehr Wohnungen gebaut werden. Dafür müssen strenge Bau-Vorschriften und andere Hindernisse abgeschafft werden. Diese Regeln verhindern seit vielen Jahren den Bau von neuen Häusern in großen Städten wie New York (Stadtteil Manhattan), San Francisco, Los Angeles oder Boston. Heute dürften viele alte Häuser dort gar nicht mehr gebaut werden.
- Große Bau-Projekte einfacher machen: Es gibt ein Wirrwarr aus Gesetzen und Regeln. Diese machen große Bau-Projekte sehr teuer und langsam. Zum Beispiel den Bau von Autobahnen, Zug-Strecken oder Anlagen für grüne Energie. Die Kosten für den Bau von Straßen sind stark gestiegen. Ein Schnell-Zug-Projekt in Kalifornien ist nach 17 Jahren und Milliarden-Ausgaben immer noch nicht fertig. Besonders der Bau von Wind-Rädern oder Solar-Anlagen dauert wegen langer Genehmigungen oft zu lange. Diese Regeln sollen einfacher werden.
- Den Staat wieder handlungs-fähiger machen: Die Regierung, besonders auf der Bundes-Ebene, ist durch zu viele Regeln gelähmt. Es ist schwer, schnell zu handeln. Aber es ist einfach, Projekte durch Klagen zu stoppen. Die „Abundance Agenda“ will deshalb auch Regeln für die Regierung selbst lockern. Manchmal arbeitet der Staat am schnellsten, wenn er seine eigenen Regeln nicht beachtet. Beispiele dafür sind:
- Forscherinnen und Forscher in der Stadt Seattle haben am Anfang der Corona-Krise schnell Tests entwickelt, obwohl sie Regeln missachtet haben.
- Die schnelle Entwicklung von Impfstoffen gegen Corona (genannt „Operation Warp Speed“).
- Der schnelle Wieder-Aufbau einer Brücke in Pennsylvania durch Gouverneur Josh Shapiro. Er hat dafür auch Bürokratie-Hürden ignoriert. Wenn wichtige Dinge nur dann klappen, wenn man Regeln bricht, stellt sich die Frage: Sind diese Regeln im Alltag überhaupt sinnvoll?
Wie sind die vielen Regeln entstanden?
Man könnte denken, dass alle Demokraten diese Ideen für mehr Fortschritt gut finden. Aber viele Regeln, die heute kritisiert werden, wurden früher von den Demokraten und anderen linken Gruppen selbst eingeführt. Nach dem Zweiten Welt-Krieg wollten viele fortschrittliche Menschen (Liberale) die Macht des Staates und großer Firmen besser kontrollieren. Sie wollten die Bürgerinnen und Bürger vor schlechten Entscheidungen schützen. Wichtige Personen damals waren Rachel Carson, die sich für die Umwelt einsetzte, und Ralph Nader, der für die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher kämpfte. Diese Bewegung gründete viele Bürger-Gruppen. Sie nutzten oft Anwälte und Klagen, um ihre Ziele zu erreichen. Sie hatten auch viele Erfolge, zum Beispiel im Umwelt-Schutz oder beim Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher.
Aber mit der Zeit führte die starke Konzentration auf Klagen und komplizierte Verfahren dazu, dass oft gar nichts mehr vorwärtsging. Ein Beispiel ist ein wichtiges Umwelt-Gesetz aus dem Jahr 1969, das NEPA heißt. Dieses Gesetz sollte dafür sorgen, dass vor großen Bau-Projekten geprüft wird, wie sie sich auf die Umwelt auswirken. Das war gut gemeint. Aber Aktivisten-Gruppen nutzten dieses Gesetz, um durch Klagen fast jede Art von neuen Bau-Projekten zu verhindern. Die Umwelt-Prüfungen wurden immer länger und komplizierter. Heute dauert so eine Prüfung oft über vier Jahre. Das Problem ist: Diese alten Gesetze behindern heute oft den Kampf gegen den Klima-Wandel. Denn für den Klima-Schutz brauchen wir neue Dinge: Anlagen für grüne Energie, neue Strom-Leitungen und mehr Wohnungen in den Städten, damit die Menschen nicht so weit fahren müssen. Viele Umwelt-Gruppen sind aber weiterhin gegen fast alle Bau-Projekte.
Streit zwischen fortschrittlichen Gruppen
Dieser tiefe Streit wurde besonders deutlich, als Präsident Biden ein großes Klima-Gesetz beschlossen hatte (genannt „Inflation Reduction Act“). In diesem Gesetz stand viel Geld für grüne Energie-Projekte bereit. Aber das Geld konnte nicht schnell genutzt werden, weil es so viele rechtliche Hürden und lange Genehmigungs-Verfahren gab. Einige gemäßigte Demokratinnen und Demokraten wollten deshalb die Genehmigungs-Verfahren vereinfachen. Zum Beispiel sollten Umwelt-Prüfungen nicht länger als zwei Jahre dauern. Die Regierung von Präsident Biden unterstützte das. Aber hunderte Umwelt-Gruppen und viele sehr fortschrittliche Politikerinnen und Politiker waren dagegen. Sie hatten Angst, dass der Umwelt-Schutz darunter leiden würde. Sie befürchteten auch, dass die Menschen vor Ort und Gruppen von Ur-Einwohnern dann weniger mitreden könnten. Der Vorschlag für schnellere Genehmigungen scheiterte im Kongress. Der Kongress ist das Parlament der USA. Die einen freuten sich darüber, die anderen waren sehr enttäuscht.
Hier zeigt sich der Kern des Streits:
- Die traditionellen fortschrittlichen Aktivisten-Gruppen glauben: Wenn lokale Gruppen stark sind und klagen können, führt das zu guten Veränderungen in der Gesellschaft.
- Die Anhängerinnen und Anhänger der „Abundance Agenda“ sagen: Genau diese gut organisierten Bürger-Gruppen sind oft das Problem. Ihre Macht muss begrenzt werden, damit Fortschritt wieder möglich wird.
Viele Menschen im linken politischen Lager sind mit der „Abundance Agenda“ gar nicht einverstanden. Sie sagen, diese Ideen nehmen gerade Minderheiten die Möglichkeit, sich gegen schädliche Projekte zu wehren. Einige schlagen sogar vor, Gruppen zu unterstützen, die gegen neue Solar-Anlagen kämpfen. Sie glauben, dass starke Aktivisten-Gruppen wichtig für die Demokratie sind. Kritikerinnen und Kritiker werfen der „Abundance Agenda“ auch vor, den Zusammen-Halt im fortschrittlichen Lager zu gefährden.
Eine neue Idee für die Demokraten – oder neuer Streit?
Die „Abundance Agenda“ könnte für den gemäßigten Teil der Demokratischen Partei sehr wichtig werden. Denn sie stellt die Macht der alten Interessens-Gruppen in Frage. Gemäßigte Demokratinnen und Demokraten könnten damit eine eigene, klare politische Linie finden. Einige Politikerinnen und Politiker unterstützen die „Abundance Agenda“ bereits. Dazu gehören Pete Buttigieg (ein bekannter Politiker), die Gouverneurinnen Kathy Hochul (New York) und Josh Shapiro (Pennsylvania) sowie der Abgeordnete Ritchie Torres. Herr Torres sagt, die Agenda ist eine sehr gute Grundlage für eine neue Art des Regierens.
Die „Abundance Agenda“ wurde nicht als Plan für den Wahl-Kampf entwickelt. Sie kommt von Fach-Leuten, die sich mit Politik beschäftigen. Aber sie spricht wichtige Probleme an, die viele Menschen bewegen:
- Das Vertrauen in den Staat ist gesunken.
- Die Lebens-Kosten sind hoch.
- Die Menschen wünschen sich einen besseren Lebens-Standard, besonders weil vieles teurer geworden ist und der Staat Schulden hat.
Die Agenda bietet eine andere Zukunfts-Vorstellung als die Politik von Donald Trump. Donald Trump steht oft für Abschottung des Landes, Ablehnung von Wissenschaft und eine Bürokratie, die nicht richtig funktioniert. Die Demokratische Partei steht nun vor einer schwierigen Entscheidung: Soll sie an alten, komplizierten Verfahren festhalten, die Fortschritt oft blockieren? Oder soll sie mutige Veränderungen wagen, um den Staat wieder handlungs-fähiger zu machen? Die Antwort auf diese Frage wird sehr wichtig für die Zukunft der Partei sein.
Info aus ‚Politik Leicht Gemacht‘: Dieser Beitrag ist in Einfacher Sprache verfasst. Das bedeutet: Kürzere Sätze und einfache Wörter helfen beim Verstehen. Den ausführlichen Original-Artikel in Standard-Sprache finden Sie hier: https://letterkasten.de/im-kampf-um-die-seele-der-demokraten-sprengt-die-abundance-agenda-die-partei/