Trump im Nahen Osten: Zwischen Milliardendeals, Familieninteressen und der neuen saudischen Realität

Donald Trumps erneute Reise in den Nahen Osten, mit Saudi-Arabien als zentraler Station, markiert einen weiteren Meilenstein in seiner Präsidentschaft, die das traditionelle diplomatische Parkett Washingtons immer wieder herausfordert. Es ist eine Reise, die weniger im Zeichen strategischer Neuausrichtungen als vielmehr im Geiste knallharter Geschäftsabschlüsse zu stehen scheint – ein Unterfangen, bei dem die Grenzen zwischen den nationalen Interessen der Vereinigten Staaten und den privaten finanziellen Ambitionen des Trump-Clans auf eine Weise verschwimmen, die Beobachter alarmiert und ethische Grundsatzfragen aufwirft. Währenddessen präsentiert sich ein Saudi-Arabien im Wandel, eine aufstrebende Regionalmacht mit globalen Ambitionen, die Trumps unkonventionellem Stil durchaus zugeneigt ist, jedoch selbst mit inneren Widersprüchen ringt.

Das neue Saudi-Arabien: Glanzvolle Fassade und autoritäre Tiefenstruktur

Seit Donald Trumps letztem Besuch im Jahr 2017 hat Saudi-Arabien unter der Führung von Kronprinz Mohammed bin Salman (MBS) eine bemerkenswerte Transformation durchlaufen. Die „Vision 2030“, ein ambitioniertes Programm zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Modernisierung, zeigt sichtbare Früchte. Frauen dürfen nun Auto fahren, sind in zahlreichen Branchen und Regierungsbehörden präsent, und es gibt sogar eine professionelle Frauenfußballliga – einst undenkbar im ultrakonservativen Königreich. Die einst omnipräsente Religionspolizei ist aus dem öffentlichen Leben weitgehend verschwunden. Ein neuer Wind scheint durch das Land zu wehen; Beobachter beschreiben eine energiegeladenere, selbstbewusstere und nationalistischere, aber auch insgesamt positivere Grundstimmung. Viele Saudis, so heißt es, rechnen diese Veränderungen direkt MBS an.

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Doch hinter dieser modernisierten Fassade bleiben die autoritären Grundfesten des Regimes und gravierende Menschenrechtsdefizite bestehen. Die Todesstrafe wird weiterhin exzessiv angewandt, oft mangelt es an juristischer Transparenz. Berichte über brutales Vorgehen von Grenzschützern gegen Migranten und die nahezu vollständige Intoleranz gegenüber jeglicher Form politischer Opposition zeichnen ein düsteres Bild. Diese Ambivalenz zwischen Aufbruch und Repression prägt das Saudi-Arabien, das Trump nun erneut besucht – ein Land, das Trumps Pragmatismus und seinen Verzicht auf öffentliche Kritik an Menschenrechtsfragen schätzt. Für MBS bietet der Besuch eine willkommene Bühne, um Saudi-Arabiens gewachsenen Einfluss und seine Rolle als unverzichtbarer Partner der USA zu demonstrieren, gerade auch im Hinblick auf die ambitionierten, aber auch extrem kostspieligen Megaprojekte wie NEOM oder Diriyah Gate, die dringend ausländische Investitionen benötigen.

Diplomatie als Dealmaking: Trumps transaktionale Außenpolitik im Fokus

Donald Trumps außenpolitisches Credo war stets von einer tiefen Skepsis gegenüber traditionellen diplomatischen Ansätzen und einer ausgeprägten Vorliebe für das „Dealmaking“ geprägt. Seine aktuelle Nahost-Reise ist hierfür ein Paradebeispiel. Im Vorfeld wurde von Trumps Seite das Ziel ausgegeben, Geschäftsabschlüsse im Wert von über einer Billion US-Dollar zu generieren – eine schwindelerregende Summe, die Bereiche wie Flugzeugkäufe, Nukleartechnologie, Investitionen in künstliche Intelligenz und Rüstungsgüter umfassen soll. Dieser Fokus auf das Ökonomische und Finanzielle steht in starkem Kontrast zu den strategischen Visionen früherer US-Präsidenten, sei es Jimmy Carters Friedensbemühungen, George W. Bushs Demokratisierungsagenda oder Barack Obamas ausgestreckte Hand an die muslimische Welt.

Die Golfstaaten, allen voran Saudi-Arabien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), kommen diesem Ansatz entgegen. Sie sehen in den USA weiterhin einen unverzichtbaren Sicherheitspartner und erhoffen sich durch Kooperationen in Zukunftsfeldern wie Technologie und erneuerbare Energien eine Stärkung ihrer eigenen globalen Position. Saudi-Arabien allein hat Investitionen in Höhe von 600 Milliarden US-Dollar in den USA zugesagt – eine Zahl, die Trump gerne auf eine Billion aufgerundet sähe. Ökonomen äußern jedoch erhebliche Zweifel an der Realisierbarkeit solch gigantischer Summen. Saudi-Arabien kämpft mit einem erheblichen Haushaltsdefizit, bedingt durch volatile Ölpreise und die immensen Kosten der heimischen Transformationsprojekte. Die angekündigten Investitionen könnten daher mehr symbolischen Charakter haben oder bereits bestehende Abkommen neu verpacken, um Trumps Narrativ des erfolgreichen Dealmakers zu stützen. Die Golfmonarchien wissen, wie man Trumps Sprache spricht – mit Pomp, großen Zahlen und der Aura des Erfolgs.

Der Elefant im Raum: Wenn Familienbande und Staatsräson kollidieren

Die auffällige Fokussierung auf Geschäftsabschlüsse erhält eine besonders brisante Note durch die tiefgreifenden und stetig wachsenden Geschäftsinteressen der Trump-Familie in genau jenen Ländern, die der Präsident nun offiziell besucht. Ob Immobilienprojekte in Saudi-Arabien und den VAE, ein Kryptowährungsdeal mit einer Regierungsnahen Firma in den Emiraten oder ein neues Golf- und Luxusvillenprojekt, das von der katarischen Regierung unterstützt wird – die Verflechtungen sind zahlreich und substanziell. Jared Kushner, Trumps Schwiegersohn und ehemaliger Berater, erhielt nach seinem Ausscheiden aus dem Weißen Haus eine Zwei-Milliarden-Dollar-Investition von einem saudischen Staatsfonds für seine private Investmentfirma – eine Entscheidung, die MBS Berichten zufolge gegen den Rat seiner eigenen Finanzexperten durchsetzte.

Diese Konstellation nährt unweigerlich den Verdacht auf massive Interessenkonflikte. Kritiker und Watchdog-Organisationen sehen darin eine bedenkliche Vermischung von privaten finanziellen Vorteilen und der offiziellen Außenpolitik der Vereinigten Staaten. Die Frage, ob Entscheidungen der US-Regierung möglicherweise durch die Geschäftsaussichten der Präsidentenfamilie beeinflusst werden, steht im Raum und untergräbt das Vertrauen in die Integrität politischen Handelns. Trump selbst hat, anders als in seiner ersten Amtszeit, kein explizites Versprechen mehr abgegeben, seine privaten Geschäftsinteressen nicht vom Weißen Haus aus zu fördern, was die Sorgen weiter verstärkt.

Der „Palast vom Himmel“: Ein Geschenk Katars und seine heiklen Implikationen

Ein besonders augenfälliges Beispiel für die ethischen Grauzonen dieser Reise ist das Angebot Katars, der US-Regierung einen luxuriös ausgestatteten Boeing 747-8 Jet im Wert von rund 400 Millionen US-Dollar zu schenken. Dieser soll während Trumps Amtszeit als neue Air Force One dienen und später an seine Präsidentenbibliothek übergehen. Trump verteidigte die Annahme dieses potenziell größten ausländischen Geschenks in der US-Geschichte vehement mit den Worten, nur ein „Dummkopf“ würde ein solches Angebot ablehnen.

Doch die Geste wirft erhebliche verfassungsrechtliche Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf die „Emoluments Clause“ der US-Verfassung, die Amtsträgern die Annahme von Geschenken ausländischer Regierungen ohne Zustimmung des Kongresses untersagt. Brisanz erhält der Vorgang zusätzlich dadurch, dass die amtierende Generalstaatsanwältin Pam Bondi, die das Geschenk offenbar rechtlich abgesegnet hat, zuvor als Lobbyistin für Katar tätig war. Auch wenn Trump betont, das Flugzeug nicht persönlich nutzen zu wollen, bleibt der fade Beigeschmack möglicher Beeinflussung und der Eindruck, dass hier politische Gepflogenheiten und ethische Standards großzügig ausgelegt werden. Die öffentliche Wahrnehmung Trumps als potenziell korrupt, die in Umfragen immer wieder deutlich wird, dürfte durch solche Vorfälle kaum gemildert werden.

Hightech-Kooperation mit autoritären Partnern: Ein riskantes Spiel mit Amerikas Zukunft?

Neben den direkten Investitionsdeals und den Fragen um persönliche Bereicherung rücken auch strategisch bedeutsame Technologiekooperationen in den Fokus. Die Trump-Administration signalisiert die Bereitschaft, den Export von hunderttausenden hochentwickelten Chips für künstliche Intelligenz an regierungsnahe Firmen in den VAE (G42) und Saudi-Arabien (Humain) zu genehmigen. Zudem steht ein Memorandum of Understanding über den Abbau und die Verarbeitung kritischer Mineralien in Saudi-Arabien durch ein US-Unternehmen im Raum. Diese Schritte werden als Versuch interpretiert, ein Bollwerk gegen Chinas wachsenden Einfluss in der Region zu schaffen und die Golfstaaten zu eigenständigen KI-Mächten unter US-Ägide aufzubauen.

Diese Politik stellt jedoch einen Bruch mit der bisherigen Linie dar. Die Biden-Administration hatte den Verkauf solcher Chips an beide Länder aufgrund deren enger Verbindungen zu China und ihrer autoritären Regierungsform noch beschränkt. Die nun angestrebte Lockerung birgt nach Ansicht von Experten erhebliche Risiken. Es bestehe die Gefahr, strategisch wichtige Technologien an Regime auszulagern, die für ihre Menschenrechtsbilanz und ihre Kooperationen mit US-Rivalen bekannt sind. Anstatt die Abhängigkeit von diesen Staaten zu verringern, könnten so neue geschaffen und langfristig sogar Konkurrenten für die USA im KI-Sektor herangezogen werden. Die Frage, ob kurzfristige wirtschaftliche Vorteile und eine vermeintliche Eindämmung Chinas diese langfristigen geopolitischen Risiken aufwiegen, bleibt offen und wird die Debatte über Trumps Nahost-Politik weiter befeuern.

Donald Trumps Reise in den Nahen Osten ist somit weit mehr als ein diplomatischer Routinebesuch. Sie ist ein Spiegelbild seiner Präsidentschaft: transaktional, unkonventionell und stets von einer Aura des Business-Deals umgeben, die die Trennlinien zwischen öffentlichem Amt und privaten Interessen bis zur Unkenntlichkeit verwischt. Ob die verkündeten Milliardensummen tatsächlich fließen und ob die angestrebten Kooperationen den USA langfristig mehr nutzen als schaden, wird die Zukunft zeigen. Die kritischen Fragen nach Ethik, Transparenz und der wahren Natur der amerikanischen Interessen in einer sich wandelnden Weltregion werden jedoch bleiben.

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