JFK-Akten 2025: Zwischen Verschwörungstheorien und Datenleck – Was die jüngste Freigabe wirklich enthüllte

Die erneute Veröffentlichung tausender von Dokumenten im Zusammenhang mit dem Attentat auf Präsident John F. Kennedy im März 2025 durch die Regierung von Donald Trump hat die Nation einmal mehr in ihren Bann gezogen. Jahrzehntelang rankten sich Mythen und Spekulationen um die Ereignisse des 22. November 1963 in Dallas, genährt von zurückgehaltenen Informationen und der anhaltenden Frage nach der vollständigen Wahrheit. Die jüngste Freigabe, die mit dem Versprechen maximaler Transparenz einherging, sollte Licht in die verbliebenen Dunkelheiten bringen. Doch statt einer bahnbrechenden Enthüllung, die die vorherrschende Einzeltäterthese um Lee Harvey Oswald ins Wanken bringen würde, förderten die Dokumente vor allem detaillierte Einblicke in die verdeckten Operationen der CIA während des Kalten Krieges und warfen gleichzeitig ernste Fragen hinsichtlich des Schutzes persönlicher Daten auf.

Keine Revolution in der Attentatsforschung, aber tiefe Einblicke in die Geheimdienstaktivitäten

Die Hoffnung vieler, in den neu zugänglichen Archiven den unumstößlichen Beweis für eine weitreichende Verschwörung zu finden, erfüllte sich zunächst nicht. Zahlreiche Historiker und Experten, die die Dokumente unmittelbar nach ihrer Veröffentlichung sichteten, stellten fest, dass keine der Dateien aufgrund ihrer Identifikationsnummern wirklich neu war. Vielmehr handelte es sich größtenteils um zuvor veröffentlichtes Material, bei dem nun Schwärzungen entfernt wurden. Philip Shenon, ein Kenner der Kennedy-Attentatsgeschichte, konstatierte, dass er nach der Durchsicht zahlreicher Dokumente kaum etwas fand, das sein Verständnis der Ereignisse grundlegend veränderte. Die schiere Menge an Namen, Pseudonymen und schwer lesbaren Textpassagen erschwerte zudem eine schnelle und umfassende Analyse für die breite Öffentlichkeit. Es bedürfe intensiver und zeitaufwendiger Forschung, um die tatsächliche Relevanz der neu freigegebenen Details zu bewerten.

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Dennoch bargen die ungeschwärzten Passagen durchaus brisante Informationen, die zwar nicht direkt die Frage nach den Tätern des Attentats beantworteten, aber ein detaillierteres Bild der damaligen Geheimdienstlandschaft zeichneten. So enthüllten die Akten beispielsweise das Ausmaß der CIA-Postüberwachung amerikanischer Bürger. Bis zu 300 Mitarbeiter der Behörde waren mit verschiedenen Aspekten dieser Operation beschäftigt, darunter dem Lesen der Briefe von Lee Harvey Oswald, und das zu einem jährlichen Kostenaufwand von über einer Million Dollar im Jahr 1958. Diese Enthüllungen überraschten selbst Experten wie Jefferson Morley, der die CIA-Briefspionage bereits zuvor untersucht hatte. Die Größenordnung des Programms deutete für ihn darauf hin, dass die Überwachung Oswalds vor dem Attentat Teil einer umfassenden Bemühung war, Amerikaner in der Sowjetunion als Spione zu rekrutieren. Morley selbst veröffentlichte kurz nach der Aktenfreigabe eine gewagte These, wonach ein kleiner Zirkel innerhalb der CIA-Spionageabwehr für Kennedys Ermordung verantwortlich gewesen sei. Er stützt seine Interpretation unter anderem auf die seiner Ansicht nach mangelnde Reaktion des damaligen CIA-Spionageabwehrchefs James Angleton auf Oswalds Aktivitäten. Morley plant, seine Erkenntnisse vor einer Task Force des Repräsentantenhauses darzulegen.

Andere Historiker wiesen jedoch darauf hin, dass die eigentliche Bedeutung der freigegebenen Dokumente weniger in der Aufklärung des Attentats selbst liegt, sondern vielmehr in den Einblicken, die sie in die Arbeitsweise und die geheimen Operationen der US-Geheimdienste während des Kalten Krieges gewähren. Die Dokumente enthielten Details über CIA-Aktionen wie Telefonüberwachungen in Mexiko-Stadt im Jahr 1962, die Rekrutierung von Informanten im Umfeld Fidel Castros, die Entwicklung neuer Technologien zur Erkennung versteckter Abhörgeräte durch den späteren Watergate-Einbrecher James W. McCord Jr., die Kontaminierung von kubanischem Zucker für die Sowjetunion, die Überwachung eines Reporters der Washington Post und die Gründung einer Tarnorganisation zur Infiltration revolutionärer arabischer Gruppen. Auch die Einmischung der CIA in staatliche Funktionen, kritisiert von Kennedys Sonderberater Arthur Schlesinger Jr. bereits 1961, wurde in nun unredigierten Memos deutlich. Die Enthüllung, dass fast die Hälfte der politischen Referenten in amerikanischen Botschaften weltweit für die CIA tätig waren, wurde von Historikern als bemerkenswert eingestuft.

Darüber hinaus kamen Details über die Zusammenarbeit der CIA mit ausländischen Regierungen und Organisationen ans Licht, darunter Hinweise auf Kontakte des ehemaligen CIA-Direktors John A. McCone zum Vatikan. Auch Bemühungen der CIA, in Wahlen in Finnland, Peru und Somalia einzugreifen, sowie die Verwicklung der Behörde in Putschversuche in verschiedenen Ländern wurden in den Dokumenten erwähnt. Ein Bericht des CIA-Generalinspekteurs von 1967 enthüllte erstmals die Namen aller an der Ermordung des dominikanischen Diktators Rafael Trujillo im Jahr 1961 beteiligten CIA-Agenten. Ein besonders aufschlussreicher Bericht des CIA-Generalinspekteurs aus dem Jahr 1964 beschrieb detailliert die Organisation der Bodenoperationen der CIA-Station in Mexiko-Stadt und enthüllte die Zustimmung des mexikanischen Präsidenten Adolfo López Mateos zu einer gemeinsamen Überwachungsoperation gegen Sowjets in Mexiko.

Diese Enthüllungen über die vielfältigen und teils fragwürdigen Aktivitäten der CIA in der Hochzeit des Kalten Krieges bieten wertvolle Einblicke für Historiker, die sich mit der geheimen Seite der amerikanischen Außenpolitik und der Geschichte der Geheimdienste beschäftigen. Sie verdeutlichen die operative Reichweite und die Methoden der CIA in einer Zeit globaler Spannungen und verdeckter Konflikte.

Datenleck als unerwartete „Enthüllung“ – Kritik an der Sorglosigkeit der Regierung

Überschattet wurden die potenziellen historischen Erkenntnisse jedoch von einem schwerwiegenden Vorfall: der unbeabsichtigten Offenlegung persönlicher Informationen hunderter ehemaliger Kongressmitarbeiter. Bei der Durchsicht der unredigierten Akten entdeckte die Washington Post mehr als 400 Sozialversicherungsnummern sowie Geburtsdaten und -orte von Personen, die in der Vergangenheit für das Church Committee des Senats (das 1975 die Aktivitäten der Geheimdienste untersuchte) und den Sonderausschuss des Repräsentantenhauses für Attentate (der die Morde an Kennedy und Martin Luther King Jr. untersuchte) tätig gewesen waren. Betroffen waren auch andere Personen mit Verbindungen zu jahrzehntealten Ermittlungen. In einigen Fällen wurden die Sozialversicherungsnummern einer einzelnen Person mehr als zwei Dutzend Mal veröffentlicht.

Die Reaktion auf diese fahrlässige Datenfreigabe war heftig. Betroffene zeigten sich schockiert und besorgt über das Risiko von Identitätsdiebstahl und finanziellen Schäden. Experten für Datenschutz bezeichneten den Vorfall als klaren Verstoß gegen den Privacy Act von 1974. Der ehemalige Anwalt von Trumps Wahlkampfteam, Joseph diGenova, dessen persönliche Daten ebenfalls öffentlich wurden, nannte die Veröffentlichung „absolut unerhört“ und „schlampig und unprofessionell“. Er berichtete von früheren Drohungen gegen seine Person und warnte vor den Gefahren, denen die Betroffenen nun ausgesetzt seien. Auch andere Betroffene berichteten, umgehend ihre Bankkonten und Kreditkarten gesperrt zu haben und rechtliche Schritte gegen das Nationalarchiv zu prüfen.

Das Weiße Haus reagierte auf die Kritik mit der Ankündigung, dass das Nationalarchiv die Dokumente umgehend nach Sozialversicherungsnummern durchsuchen und den betroffenen Personen bei der Zuweisung neuer Nummern sowie mit einer kostenlosen Bonitätsprüfung helfen werde. Präsident Trumps Sprecherin Karoline Leavitt betonte, dass Trump sein Versprechen maximaler Transparenz eingelöst habe. Diese Bemühungen wurden von einigen Betroffenen jedoch skeptisch aufgenommen. Mark Gitenstein, ein ehemaliger US-Botschafter, äußerte sein Unverständnis über die Sorglosigkeit der Regierung im Umgang mit sensiblen Daten, insbesondere angesichts der Rhetorik der Regierung über den Schutz individueller Rechte. Er befürchtete zudem Schwierigkeiten bei der Änderung seiner Sozialversicherungsnummer angesichts geplanter Kürzungen bei der Social Security Administration.

Auch Jefferson Morley von der Mary Ferrell Foundation, dem größten Online-Archiv von JFK-Attentatsdokumenten, verurteilte die Offenlegung persönlicher Informationen scharf und nannte sie „unvertretbar und rücksichtslos“. Der nationale Sicherheitsanwalt Mark Zaid, der sich seit langem für die Freigabe der JFK-Akten eingesetzt hatte, bezeichnete die Veröffentlichung privater Daten als „unglaublich verantwortungslos“. Er wies darauf hin, dass diese Informationen in den vergangenen Jahrzehnten bewusst geschützt worden seien und nichts mit dem Kennedy-Attentat zu tun hätten. Die Freigabe zur Befriedigung „haltloser Verschwörungstheorien“ sei ein weiteres Beispiel für Inkompetenz und Rachsucht.

Die Debatte um das Datenleck verdeutlicht auf bittere Weise die potenziellen negativen Folgen einer unbedachten Veröffentlichung sensibler Informationen im Namen der Transparenz. Sie wirft ernste Fragen nach den Sorgfaltspflichten der Regierung und der Angemessenheit der Überprüfungsprozesse vor der Freigabe historischer Dokumente auf.

Kritik und gemischte Reaktionen – Ablenkung oder notwendige Aufarbeitung?

Die jüngste Veröffentlichung der JFK-Akten stieß auf ein breites Spektrum an Reaktionen. Während einige die Freigabe als einen wichtigen Schritt hin zu mehr Transparenz und einer umfassenderen historischen Aufarbeitung begrüßten, äußerten andere Kritik an dem Zeitpunkt, der Art und den Folgen der Veröffentlichung.

Jack Schlossberg, der Enkel von Präsident Kennedy, gehörte zu den prominentesten Kritikern. In einer Reihe von Social-Media-Beiträgen warf er der Trump-Regierung vor, seine Familie vor der Veröffentlichung der Dokumente nicht informiert zu haben. Er kritisierte zudem die ausführliche Berichterstattung der Nachrichtenmedien über die jahrzehntealten Dokumente und argumentierte, dass es angesichts zahlreicher aktueller Nachrichten wichtigere Themen gäbe, über die berichtet werden sollte. Schlossberg warf Präsident Trump vor, von Kennedys Tod besessen zu sein, nicht aber von dessen Leben oder Politik. Er sah in der Veröffentlichung eine mögliche Ablenkung von wichtigen aktuellen Problemen. Bereits 2017 hatte Schlossberg in einem Beitrag im Time Magazine argumentiert, dass die jahrzehntelangen Verschwörungstheorien um den Tod seines Großvaters den Fokus von den wichtigen Lehren seines Lebens und den kritischen Fragen der Gegenwart abgelenkt hätten.

Auch in den Kommentaren zu den Artikeln über die Aktenfreigabe spiegelte sich eine Mischung aus Skepsis und Verschwörungstheorien wider. Viele Kommentatoren hielten die neuen Details für irrelevant und betonten, dass Lee Harvey Oswald der Einzeltäter gewesen sei. Andere äußerten die Vermutung, dass die Veröffentlichung von dringlicheren Themen ablenken solle, insbesondere im Zusammenhang mit Donald Trump. Die Offenlegung persönlicher Informationen stieß ebenfalls auf breite Kritik und Verachtung für die vermeintliche Inkompetenz der Regierung.

Die Frage, ob die jüngste Aktenfreigabe tatsächlich neue Erkenntnisse zum Kennedy-Attentat lieferte oder lediglich alte Spekulationen neu befeuerte und gleichzeitig unnötigen Schaden durch die Offenlegung persönlicher Daten verursachte, bleibt somit Gegenstand der Debatte. Während Historiker möglicherweise wertvolle Details über die Arbeitsweise der Geheimdienste im Kalten Krieg zutage fördern können, hat die erhoffte revolutionäre Enthüllung im Fall Kennedy bislang ausbleiben. Stattdessen hinterlässt die Veröffentlichung einen faden Beigeschmack angesichts der schwerwiegenden Datenschutzverletzungen und der Kritik an der Sensationalisierung eines historischen Traumas, das die amerikanische Öffentlichkeit seit über sechs Jahrzehnten beschäftigt. Die Suche nach der vollständigen Wahrheit über den Tod von John F. Kennedy geht weiter – doch die jüngsten „Enthüllungen“ scheinen den Schleier des Geheimnisses eher verdickt als gelüftet zu haben.

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